ZDF belebt „Das Literarische Quartett“ wieder

Mainz (dpa) - Comeback eines Klassikers: Das ZDF belebt ab Anfang Oktober die Sendung „Das Literarische Quartett“ wieder. Statt Marcel Reich-Ranicki (1920-2013) wird Volker Weidermann jetzt der Kopf der Sendung.

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Er ist Literaturchef beim Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ und war früher lange bei der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Weidermanns Mitstreiter sollen die Moderatorin und Autorin Christine Westermann („Zimmer frei!“) sowie der Autor und Kolumnist Maxim Biller („Esra“) sein. Als Vierter kommt in den sechs Sendungen pro Jahr ein Kritiker als wechselnder Gast hinzu.

Die Literatursendung „Das blaue Sofa“ mit Wolfgang Herles, der in Rente geht, wird eingestellt.

„Ziel ist beste literarische Unterhaltung, Kritik und Leidenschaft ganz in der Tradition des legendären „Literarischen Quartetts“ mit Marcel Reich-Ranicki“, teilte der Leiter Kultur im ZDF, Peter Arens, am Donnerstag mit. Weidermann sagte der Wochenzeitung „Die Zeit“, er fühle sich „supermulmig“. Reich-Ranicki will er nicht kopieren: „Die Leute kriegen jetzt erstmal mich“, sagte er. „Recht haben will ich auch. Aber am wichtigsten wird es doch sein, die Zuschauer zu reizen, sie auch für schwierige Bücher zu interessieren.“

Das „Literarische Quartett“ soll freitags um 23.00 Uhr gesendet werden, die Sendung wird im Berliner Ensemble aufgezeichnet. Das Konzept laut ZDF: „Vier engagierte Literaturexperten sprechen und debattieren über vier Bücher, von denen jeder eines vorgeschlagen hat.“

Die Sendung lief schon zwischen 1988 und 2001, zunächst mit Reich-Ranicki, Sigrid Löffler, Hellmuth Karasek und Jürgen Busche. Die Abschiedssendung 2001 fand am 14. Dezember 2001 im Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten in Berlin, statt. Mit dabei waren damals Reich-Ranicki, Karasek, Busche und Iris Radisch. In den Jahren 2005 und 2006 gab es noch einmal Sonderausgaben.

TV-Büchersendungen galten lange Zeit als spröde und genossen selten besondere Aufmerksamkeit - das „Literarische Quartett“ im ZDF war ab den späten 80er Jahren eine Ausnahme. Den Erfolg verdankte das Format dem mitreißenden Reich-Ranicki, der daraus eine Unterhaltungsshow machte. Mit heftigen Streitgesprächen, gelassener Plauderei, fast bösartigen Verrissen bis zu überschwenglichen Lobeshymnen wurde die TV-Runde für viele Leser, Schriftsteller, Buchhändler und Verleger zu einem Muss und zur mächtigen literarischen Instanz für den deutschsprachigen Raum.

Das Wiedervereinigungswerk „Ein weites Feld“ von Günter Grass zum Beispiel wurde damals wie fast kein anderes verrissen und von Reich-Ranicki und Karasek als „langweilig, wertlos und unlesbar“ bezeichnet. Dennoch wurde es ein Renner im Verkauf. Der spanische Schriftsteller Javier Marias kam dagegen beispielsweise bestens weg (MRR: „Einer der wichtigsten Romane“). Sein Buch „Mein Herz so weiß“ wurde über Nacht zum Riesenerfolg im deutschsprachigen Raum.

Eine ähnliche Wirkung hatten nach dem „Literarischen Quartett“ höchstens noch die ZDF-Sendung „Lesen!“ mit Elke Heidenreich (2003 bis 2009) und die ARD-Sendung „Druckfrisch“ mit Denis Scheck (seit 2003 im Ersten).

Reich-Ranicki beendete die Sendung regelmäßig mit dem abgewandelten Brecht-Zitat „Und so sehen wir betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“