Bayreuther Festspiele: Aufatmen am Hügel

Der Stiftungsrat hat Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier mit großer Mehrheit als Chefinnen bestellt.

Bayreuth. Wohlauf, Wotan hat die letzte Schlacht geschlagen. Das Ungemach zeichnete sich schon 1976 über dem Grünen Hügel ab. Damals trugen die Hetzattacken von Gudrun, die von der Mitarbeiterin Wagners zu seiner zweiten Ehefrau avancierte, gegen Eva Wagner, die Tochter aus Wolfgangs erster Ehe, ihre Früchte.

Eva wurde vom heimischen Hügel verjagt und erst nach dem Tod von Gudrun 30 Jahre nahm der oberfränkische Dickschädel Eva wieder auf. Der Verlust seiner Frau, die längst die wahre Herrin am Hügel war, hatte ihn gebrochen.

Wie sieht nun die Zukunft dort aus? Die Halbschwestern stellten gestern vor dem Stiftungsrat ihr Konzept vor. Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner wollen die Einmaligkeit Bayreuths erhalten. Über ihre Aufgabenverteilung müsse im Detail noch diskutiert werden, erklärten die beiden Halbschwestern nach der Sitzung des Stiftungsrates.

Was sind die Neuerungen? Die Leiterinnen erhalten nicht, wie Wolfgang Wagner, einen lebenslangen, sondern nur einen befristeten Vertrag. Katharina (30) soll vor allem für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich sein.

Sie selbst werde sich um Besetzungsfragen kümmern, jedoch nicht inszenieren, sagte Eva Wagner-Pasquier. Hausdirigent Christian Thielemann werde sie bei der Zusammensetzung des Orchesters beraten. "Meine Schwester und ich wollen ohne Vorurteile arbeiten", sagte Eva Wagner-Pasquier.

Mit Wolfgang Wagners Rücktritt fallen die Gesellschafteranteile automatisch an Bund, den Freistaat, die Stadt Bayreuth und den Freundeskreis. Eigentümerin des Festspielhauses bleibt die Richard-Wagner-Stiftung.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann hat die Entscheidung des Stiftungsrates ausdrücklich begrüßt. Sie sei mit "überwältigender Mehrheit" gefallen, 22 Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen. Es komme nun darauf an, das vorgelegte Konzept so umzusetzen, dass das Opernfestival seiner Vorbildrolle als Schrittmacher und Leitstätte der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Werk Wagners und seiner Tradition weiterhin gerecht werde.

Der frühere Bayreuther "Ring"-Regisseur Jürgen Flimm hat die Entscheidung als "eine sehr gute Lösung" bezeichnet. "Eva Wagner ist die erfahrenste Opern-Managerin", sagte Flimm. Sie habe auch internationale Erfahrung durch ihre Arbeit in Frankreich. Bayerns Kunstminister Thomas Goppel erwartet einen Abschluss der Vertragsgespräche" noch in diesem Jahr. Wenige Stunden vor der Sitzung hatte sich überraschend ein angeblich unehelicher Sohnes von Wieland Wagner "beworben".

57 Jahre hat der Enkel von Richard Wagner die berühmten Festspiele geleitet und dabei diese stolze Lebensleistung durch eine selbst inszenierte Tragikomödie mit oft genug makabren Zügen am Ende beinahe zunichte gemacht. Nun aber: Wachwechsel und Zeitenwende, halb trickste man den Alten aus, halb sah er es dann wieder ein, dass sein Abgang an der Zeit war.

Doch schon jetzt entbehrt der Auftritt der Neuen nicht ganz der Ironie, wenn etwa Katharina die Medienfrau der Zukunft sein soll. Bisher hat sie sich vor allem der Boulevardpresse anvertraut. Und Bayreuth wieder etablieren als Pilgerort der weltbesten Wagner-Inszenierungen? Das dürfte fast unlösbar sein. Zwar hat der Stiftungsrat einhellig diesen beiden die "Zukunft Bayreuth" (Titel ihres Arbeitspapiers) anvertraut.

Doch ihre Charaktere, Ausbildung und Qualitätsansprüche sind äußerst verschieden, um nicht zu sagen: gegensätzlich. Vielleicht ist dies gar nicht die endgültige Lösung. Auf der Pressekonferenz hatte jedenfalls die weltgewandte Eva das souveräne Sagen. Schade nur, dass die hochqualifizierte Nike das Nachsehen hat.