Der erste Krach vor Biennale-Beginn
Darf der Engländer Gillick den deutschen Pavillon bespielen?
Venedig. Am Donnerstag eröffnet die Biennale von Venedig, die traditionsreichste aller Biennalen. Ihre Besonderheit liegt darin, dass in den Pavillons Künstler des jeweiligen Landes präsentiert werden. Doch da schert Deutschland aus. Nicolaus Schafhausen, 1965 in Düsseldorf geboren, zeigt als deutscher Kommissar den Engländer Liam Gillick. Diese Wahl löst hierzulande Unverständnis aus.
"Gibt es in Deutschland derzeit wirklich keinen Künstler, mit dem dieses Land sich der kulturellen Weltöffentlichkeit zeigen könnte", wettert der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK). "Vielleicht war diese Entscheidung aber auch typisch für einen Kurator, der um jeden Preis auffallen will. Aber vielleicht mangelt es ihm einfach an Kenntnis über die deutsche Szene. In diesem Fall sollte man dem Auswärtigen Amt raten, in Zukunft jemanden auszuwählen, der sich auskennt."
Das ist hart, und es ist auch ungerecht. Vanessa Müller, Leiterin des Düsseldorfer Kunstvereins und vor kurzem Interview-Partnerin von Gillick, verteidigt den Engländer und dessen Kurator: "Wir feiern 60 Jahre Grundgesetz und 20 Jahre Wiedervereinigung. Da ist ein Blick von außen auf das Deutsche sehr gut. Gillick beschäftigt sich mit Schnittstellen zwischen angewandter Kunst und freier Kunst, mit dem Bauhaus und dessen Folgen, mit dem Erbe also der Deutschen."
Die Biennale am Canal Grande hat sich längst, zum Entsetzen des BBK, über Ländergrenzen hinweg geöffnet. Der künstlerische Leiter, Daniel Birnbaum, ist Schwede, seit 2001 Rektor der Städelschule und promovierter Philosoph. Er hat Martin Heidegger, Jacques Derrida und Thomas Bernhard in seine Muttersprache übersetzt.
Deutsch spricht auch Doreet LeVitte Harten, die mit dem inzwischen pensionierten Düsseldorfer Kunsthallenchef Jürgen Harten verheiratet ist. Sie kuratiert als erste Frau und erste Ehefrau eines Deutschen den israelischen Pavillon. Sie ist eine mutige Frau, eine säkulare Israelin, die dem religiösen Fundamentalismus ebenso abschwört und dem weltlichen Zionismus kritisch gegenübersteht.
Die Biennale in Venedig ist anders als die Welt des BBK. 1968 hatte die japanisch-amerikanische Künstlerin Yoko Ono die Idee, eine Fliege von den Zehen bis zum Kopf über den Körper einer Frau wandern zu lassen. Sie machte ein Video daraus, mit der Stubenfliege als Akteurin. Nun erhält die Filmemacherin den Goldenen Löwen von Venedig für ihr Lebenswerk.