Der guteste Mensch: Haußmann inszeniert Brecht
Berlin (dpa) - Gut geht es keinem einzigen der Protagonisten. Die meisten kämpfen um ihre Existenz - und dennoch ist die Stimmung oft heiter, das Publikum lacht häufig.
Leander Haußmann („Sonnenallee“) bringt Leichtigkeit in Brechts Drama „Der gute Mensch von Sezuan“ - unterstützt vom Künstler Via Lewandowsky, dessen zartes Bühnenbild im Kontrast zur oft düsteren Lage steht. Am Ende der Premiere des dritten Haußmann-Stücks am Berliner Ensemble gibt es minutenlangen kräftigen Applaus.
Große grüne gebogene Straßenlaternen, ein Papierkorb, ein dicker Zaun. Das Licht bleibt an. Ein Schlaks in Jeans, Pulli und mit Stoffbeutel betritt die Szene - und wühlt im Papierkorb. Er holt eine leere Flasche heraus. Und dann bekommt Wasserverkäufer Wang (Norbert Stöß) Besuch von den Göttern. Es sind drei Damen mit Kopftuch und großen Plastikbeuteln.
Sie suchen keine leeren Flaschen, sondern den guten Menschen. Wang empfiehlt ihnen die Prostituierte Shen Te (Antonia Bill): „Es ist der guteste Mensch in ganz Sezuan“. Doch ihre guten Taten werden schnell zur Last: Immer mehr Arme erscheinen. Alle tragen abgeranzte Jeans - doch jeder für sich ist mit seinen Marotten bei Haußmann unverwechselbar. Zusammen bringen sie mit viel Krach den gläsernen Tabakladen ihrer Gönnerin zum Einsturz.
Danach ist die Bühne himmelblau und rosa und voller billiger Plastik-Gartenstühle. Der schöne Pilot Sun will sich erhängen - und die sich bewegenden Straßenlaternen scheinen mit ihm zu kommunizieren. Shen Te verliebt sich in den Herzensbrecher. Nach einer abwechslungsreichen Annäherung gibt es viel Applaus.
Das Bühnenbild ist minimalistisch-modern und bietet doch genügend Referenzen auf den Ort der Handlung. Shen Te isst eine Imbiss-Nudelpfanne, eine überdimensionale goldene Wackel-Arm-Figur fährt über die Bühne - und später wackeln der Flieger und der Schreiner genauso mit ihren Armen.
Hauptdarstellerin Antonia Bill brilliert in ihrer Doppelrolle als Shen Te und deren breitbeiniger resoluter Vetter Shui Ta. Oft verwandelt sie sich minütlich auch innerhalb einer Rolle. Am Ende von dreieinhalb kurzweiligen Stunden stellt sie fest: „Für eure großen Pläne, ihr Götter, war ich armer Mensch zu klein.“ Danach gibt es Bravo-Rufe für die Schauspielerin vom Publikum.