Ein Pantheon für die deutschen Dichter
Am Dienstag eröffnet Bundespräsident Köhler das Schiller-Nationalmuseum neu.
Marbach am Neckar. Friedrich Schiller ist wieder daheim. Der Nationaldichter ist zurückgekehrt in seine schwäbische Heimat: In das für sechs Millionen Euro runderneuerte Nationalmuseum, das am Dienstag, pünktlich zu seinem 250. Geburtstag, in Marbach am Neckar nach zweijähriger Sanierung wiedereröffnet wird.
Vor fünf Jahren war die letzte Dauerausstellung abgebaut worden. Jetzt aber, so betont man im Deutschen Literaturarchiv, könne das pantheonartige Schlösschen auf einem Felsen hoch über dem Neckar endlich wieder das sein, was es schon immer sein sollte: "das nationale Gedächtnis der deutschen Literatur".
So weiß und hell es von außen in der Herbstsonne strahlt, so dunkel ist es im Inneren des 1903 erstmals als Museum eröffneten Jugendstil-Gebäudes. Alles zum Schutz der unschätzbar wertvollen Exponate. Helles Tageslicht können die Jahrhunderte alten und äußerst fragilen Manuskripte gar nicht vertragen.
Für ein "kompliziertes Klima" mit konstant 18 Grad müsse gesorgt sein, berichtet Architekt Alexander Schwarz, um die unzähligen Original-Schriftstücke von Schiller & Co. ausstellen zu können. In der Regel bewahrt das Literaturarchiv solche Handschriften wohlbehütet in sterilen grünen Kisten auf, nur wenige werden ab und zu bei Ausstellungen präsentiert.
Im Zentrum der neuen Dauerausstellung mit 700 Exponaten auf 450 Quadratmetern steht natürlich Schiller selbst: Ein ganzer Flügel des Gebäudes, das an ein Lust- und Jagdschlösschen aus der Schillerzeit erinnert, ist dem Leben und Werk des Nationaldichters gewidmet. Allein 50 Schillerporträts vom Scherenschnitt bis zur Totenmaske dokumentieren die allgemeine Dichterverehrung.
Eine Vitrine zeigt ihn buchstäblich von Kopf bis Fuß, vom Lederhut über seine Weste und seine gestreiften Socken bis zur Schuhschnalle. Doch was beeinflusste ihn? Antworten kann man in seiner Bibliothek finden. Reliquien skizzieren seinen Lebenslauf: ein rotes Tuch gegen sein permanentes Kopfweh, Tabakdosen, die blonde Locke.
Manuskripte und Briefe der Marbacher Schiller-Sammlung sind in bislang nie gezeigter Fülle zu sehen. Der zweite Flügel des Nationalmuseums ist der Schwäbischen Dichterschule gewidmet. Dichtern und Denkern wie Hölderlin, Wieland, Kerner, Mörike oder Hegel, die zeitlich oder räumlich nah bei Schiller aufwuchsen.
"Ein nicht geringer Teil der deutschen Literaturgeschichte ist ohne die schwäbische Literatur und Philosophie undenkbar", sagte Museumsdirektorin Heike Gfrereis. Dem Lokalpatriotismus zum Trotz solle die Ausstellung aber die gesamte Geschichte der deutschen Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts begreifbar machen. Schiller-Freund Goethe, Lessing, Kant oder Heine sind im neuen Haus dank des "Weltliteratur"-Verlegers Cotta gleich mehrmals vertreten.
Etwas zu "flott" sei das frühere Gebäude errichtet worden, sagt Ulrich Raulff, Chef das Deutschen Literaturarchivs. Feuchtigkeit aus dem Fels der Schillerhöhe setzte dem Gebäude mächtig zu. "Alles war verpilzt", berichtet Raulff.
Eine Ausstellung von den wichtigsten Zeugnissen der deutschen Literatur sei dort nicht mehr denkbar gewesen. Schiller-Nationalmuseum: dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Für die Kombikarte mit dem Literaturmuseum der Moderne (LiMo) zahlen Erwachsene 8 Euro.