Festival Köln: Ein Tanz für den ganz langen Atem

Erhält Köln nach 25 Jahren Diskussion ein Tanzhaus?

Köln. Funkenmariechen im Karneval, Hiphopper auf der Straße, kleine Ballerinen an der Stange, das Ehepaar Schmitz beim Tanztee oder auch Felix und Fiona in der Disco - sie alle dürfen sich beim "Tanzgipfel Alleswastanzt" in Köln angesprochen fühlen und sich dort auch präsentieren.

Spannender als dieses Einzelprojekt ist der Ort, wo es abgehen soll: In zwei ehemaligen Fabrikhallen im Stadtteil Mülheim wird mit einem Festival am 8./9. Mai das Tanzhaus Köln eröffnet. Das wäre ein Grund zum Jubeln, denn seit 25 Jahren diskutiert die Stadt über eine Heimat für ihre reiche freie Tanzszene, die unter unwürdigen Bedingungen beinahe trotzig auf hohem Niveau produziert. Doch die Freude ist verhalten, weil niemand weiß, ob der Spielbetrieb den Sommer überdauert.

Die Stadt wählte Anja Kolacek und Marc Leßle von der Gruppe "raum 13" bei einem Ideenwettbewerb als "Interimsleiter" aus. Derzeit entwerfen Architekten Umbaupläne für die Hallen und berechnen die Kosten - endlich. Seit 2007 haben Mittel in Millionenhöhe im städtischen Etat bereit gestanden, das Land NRW hat großzügige Zuschüsse in Aussicht gestellt, und die Stadt Köln zahlt bereits seit Mai 2009 Miete für die leer stehenden Hallen.

Doch erst im Herbst wird der Rat verkünden, ob er weitere Mittel bereitstellt. Angesichts der desolaten Haushaltslage, verschärft nach dem Einsturz des Stadtarchivs und dem Pfusch beim U-Bahn-Bau, stehen die Chancen nicht gut: Der Kämmerer versucht, einen Nothaushalt abzuwenden. Dennoch gehen Anja Kolacek, Marc Leßle und ihr Team mit Optimismus, Engagement und Improvisationstalent ans Werk. "Wir müssen jetzt die Politiker überzeugen, damit es zur Gründung des Tanzhauses kommt. Nie waren wir so knapp davor", sagt Leßle, Beleuchtungsmeister und Mediengestalter.

Anja Kolacek, Tänzerin, Tanzpädagogin und Kulturmanagerin, appelliert: "Steht zusammen. Der Tanz soll auch einen politischen Stellenwert bekommen." Das Duo sieht "Alleswastanzt" als Kontakthof, Bestandsaufnahme und Topografie des Tanzes im Kölner Raum an. Unterdessen murrt die Profi-Szene, kritisiert das für alle offene Programm als Bespaßung. War da nicht mal der Traum von einem Haus mit internationalem Format?

Momentan sind die Macher auf Zeit aber schon glücklich, Aufbauarbeit leisten zu können: Ob Schwingboden, Tanzteppich, Tonanlage oder Ballettstangen - Kooperationspartner geben wertvolle Unterstützung. Die "Baustelle Tanzhaus" bietet bereits Profi-Trainings, Workshops und Probenräume an. Der Standort im Gewerbegebiet-Ost ist optimal, die Nachbarschaft nicht nur hilfsbereit, sondern auch prominent: Stefan Raab und Harald Schmidt produzieren nebenan.