John Malkovich bei den Ruhrfestspielen
Recklinghausen (dpa) - Hollywood-Star John Malkovich hat in Recklinghausen die traditionsreichen Ruhrfestspiele eröffnet. Mit Ovationen feierte das mit viel Prominenz besetzte Publikum im ausverkauften Festspielhaus die Deutschlandpremiere des Musiktheaterprojekts „The Giacomo Variations“.
Der 57-jährige Malkovich verkörpert in dem im Januar in Wien uraufgeführten Stück den greisen Giacomo Casanova, der auf sein bewegtes Leben zurückblickt. Die lose gewebte Handlung spielt auf Schloss Dux im heutigen Tschechien. Dort fand der einstige Frauenheld - er starb 1798 - im Alter als Bibliothekar Unterschlupf. Geplagt von der Mühsal des Alters schreibt er an seinen Memoiren.
Drei riesige Reifröcke, sogenannte Krinolinen, sind auf der Bühne aufgebaut. Unter einer Krinoline steht ein herrschaftliches Bett, unter der zweiten Casanovas Schreibtisch, die dritte dient als Verschlag für Requisiten und als Versteck. In der Rahmenhandlung besucht den alten Casanova auf Schloss Dux die Schriftstellerin Elisa von Recke, die angeblich ein Buch über ihn schreiben will. Man kommt ins Gespräch. In Rückblenden - mit häufig schwer nachvollziehbaren Sprüngen - rollt Casanova sein abenteuerliches Leben auf: seine zahllosen Eroberungen, seine Fluchten, seine Duelle.
Das Konzept für den zwischen Theater, Oper und Musical wechselnden Abend stammt von Regisseur Michael Sturminger und dem Musikalischen Leiter Martin Haselböck. Die Texte basieren auf Casanovas unvollendeten Memoiren. Die Musik ist ein Pasticcio aus Mozarts „Le nozze di Figaro“, „Così fan tutte“ und „Don Giovanni“ - den drei Opern nach Texten (Libretti) von Lorenzo da Ponte.
Nur vier Protagonisten teilen sich die Bühne, eigentlich sind es sogar nur zwei: Casanova und sein jeweiliges, meist weibliches Gegenüber. Beide aber muss es im Konzept dieses Musiktheaters zweimal geben, nämlich in jeweils einer Schauspieler- und einer Sängerausgabe. John Malkovich steht als Partnerin die litauische Schauspielerin Ingeborga Dapkunaite gegenüber, sein Bariton-Alter-Ego ist Andrei Bondarenko. Und die Sopranistin Sophie Klußmann leiht den Mozart'schen Arien und Ensembles ihre leicht flirrende Stimme.
Im Durcheinander der Rollen und fliegenden Wechsel kommen natürlich auch die Zuständigkeiten in Fluss, so dass die Sänger sprechen und die Schauspieler auch singen müssen. Malkovich tut dies zwar mit blecherner Stimme, aber größter Glaubwürdigkeit. Die Misstöne nimmt man ihm nicht übel. Wie überhaupt der Hollywood-Star seinem Nimbus alle Ehre macht und schillernd zwischen Held und Schurke eine unwiderstehliche Aura entwickelt. Malkovichs Bühnenpräsenz ist zwingend, sein Esprit sprühend und seine Diktion von glasklarer Schärfe.
So gelingt es ihm, die durch zu lange und oft überflüssige Musik-Einlagen durchhängende Spannung immer wieder aufzuladen. Die Schwächen dieses etwas betulichen Kostümtheaters kann freilich auch er nicht zur Gänze auffangen. Am Schluss verabschiedet Malkovich sich mit Don GiovanNis Ständchen „Deh, vieni alla finestra“. Die erste Strophe singt er allein, die zweite - immer leiser werdend - gemeinsam mit seinem Bariton-Double Bondarenko. Dann geht das Licht aus.