Schläpfers „Unleashing the Wolf“ bleibt rätselhaft

Düsseldorf (dpa) - Sein neues Ballett verspricht, den „Wolf zu entfesseln“. Doch mit der Uraufführung von „Unleashing the Wolf“ hinterlässt der Choreograph Martin Schläpfer in Düsseldorf mehr Fragen als er Antworten gibt.

Martin Schläpfer hat das Programm für seinen neuen dreiteiligen Ballettabend „b.08“ geschickt aufgebaut. Als Gipfelpunkt setzte er die Uraufführung „Unleashing the Wolf“ („Den Wolf entfesseln“) ans Ende. Zuvor waren bei der Premiere am Samstag in der Düsseldorfer Oper erst Schläpfers „Streichquartett“ und zwei Stücke von Hans van Manen („Two“ und „Solo“) zu sehen. Schläpfers Rechnung ging auf: Für das mit Regina van Berkel choreographierte Ballett „Unleashing the Wolf“ gab es begeisterten Beifall und laute Bravorufe.

Musik beherrscht „Unleashing the Wolf“. Das macht Schläpfer, der auch das Bühnenbild entwarf, von Anfang an klar. Ein hohes Podium schließt die Bühne nach hinten ab, darauf Schlagwerk und ein Flügel, an dem Paul Pavey seine eigene, von Pauken dominierte Komposition spielte. Hohe Stangen mit Fellen an der Spitze erinnerten zudem an Fürsten in fernen Zeiten und exotischen Weltteilen, die ihre Gegner abschreckten, indem sie die abgeschlagenen Köpfe ihrer Feinde auf Lanzen steckten. Doch genauer wird der Ort nicht beschrieben, auch die Tänzer bekommen keine Rollen zugewiesen. Die Choreographie wirft mehr Fragen auf, als sie Antworten gibt: Wer oder was ist mit dem „Wolf“ gemeint? Eine Naturgewalt? Das Innere des Menschen? Oder etwa soziale Prozesse?

Da die Fragen nie beantwortet werden, wirken auch noch die stärksten Auftritte der brillanten Tänzer abstrakt, rätselhaft. Am Ende scheint sich alles zu einer Walpurgisnacht zu verdichten, Ähnlichkeiten zum „Frühlingsopfer“ deuten sich an. Doch mit diesem Meisterwerk von Igor Strawinsky kann „Unleashing the Wolf“ nicht einmal entfernt mithalten, weder was die inhaltliche Kohärenz angeht, noch die dramatische und tänzerische Dynamik.

Abstraktionen prägten auch den Auftakt, Schläpfers „Streichquartett“. Gefeiert wurden die Choreographien van Manens. Während „Two“ voller Schwermut war, bildete „Solo“ als wirkungsvollen Kontrast ein Feuerwerk an Lebensfreunde. Die Virtuosität der Tänzer begeisterte das Publikum. Die raschen und sicheren Bewegungen, die atemberaubend hohen Sprünge, die so leicht scheinen, doch so schwer zu meistern sind, überzeugten. Hier konnte der Tanz ohne weiteren Inhalt bestehen.

Bei den anderen Choreographien hingegen fehlten zu oft Orientierungsmöglichkeiten für den Zuschauer. Der konkrete Titel „Unleashing the Wolf“ versprach mehr, als das rätselhafte Ballett hielt.