Lohn der Sturheit
Diese Peinlichkeit war seit langem absehbar. Viele Stunden haben die Vertreter von 21 Nationen im Welterbekomitee gerungen, um schließlich nicht anders zu können und die Androhung von 2006 wahrzumachen.
Damals bereits positionierte das Komitee die Elbauen als Weltkulturerbe auf die Rote Liste des gefährdeten Welterbes. Die Dresdener ignorierten das, hochfahrend selbstgefällig und arrogant. Experten der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen hatten im Auftrag der Unesco den Bau der 635 Meter langen Brücke analysiert und als ein "überdimensioniertes Monstrum" bezeichnet.
Da konnte nun den eher grotesken als kühnen Vorschlag von Oberbürgermeisterin Helma Orosz in Sevilla auch nichts mehr ausrichten. Sie bat darum, erst einmal die Brücke zu Ende bauen zu dürfen. Dann möge die Unesco sich ein Bild machen.
Diese Bilder gab es schon lange, und sie zeigen eine gigantische Baustelle, dort, wo einst sich die Auen schlängelten, heute nur Berge von Sand, Beton und schweres Gerät. Ist die Dresdener Politik denn blind? Weiß sie wirklich nicht, welche Kulturschätze sie nicht erst seit August dem Starken an den Gestaden der Elbe beherbergt? Schlimm genug, dass das Desaster mit einem Bürgerbescheid seinen Lauf nahm, als die Entscheidung über das Stadtbild lärmgeplagten Bürgern überlassen wurde.
Doch schon damals - der größte Fehler - hat die Stadtverwaltung die Variante eines Tunnels nicht zu Optionen gezählt. So ist die Aberkennung keineswegs nur für Dresden eine weltweit schrill schallende und demütigende Ohrfeige - demütigend ist sie für die gesamte Nation, sofern sie sich als Kulturnation verstehen will. Dresden, die einst wunderbare, stolze Landschaft ist um etliche Tonnen Beton reicher - und um einen kostbaren Teil ihres Charmes sowie einen dicken Batzen Fördergelder ärmer.