Oliver Reese wird Nachfolger von Claus Peymann am BE
Berlin (dpa) - Ein „Prinzipal alter Ordnung“ geht. Das legendäre Berliner Ensemble - einst von Bertolt Brecht und Helene Weigel gegründet - werde die letzte Station seiner Arbeit als Theaterdirektor sein, sagte der 77-jährige Claus Peymann kürzlich.
Am Montag dann ist klar: Peymann verlängert zwar auf Bitten von Berlins scheidendem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) seinen Intendantenvertrag noch einmal um ein Jahr bis 2017. Dann aber soll Schluss sein. Peymanns Nachfolger Oliver Reese - derzeit noch Intendant am Schauspiel Frankfurt - steht schon in den Startlöchern.
In Berlin, Bochum, Stuttgart und als langjähriger Direktor des Wiener Burgtheaters schrieb Peymann Theatergeschichte. Er selbst versteht sich als letzter großer linker Theatermacher in Deutschland. Wenn er nach fast zwei Jahrzehnten die Intendanz am Berliner Ensemble abgibt, dann hinterlässt er dem 50-jährigen Reese eines der am besten besuchten Theater der Hauptstadt - auch wenn die Kritiker Peymanns Inszenierungen zuletzt als konservativ und rückwärtsgewandt schmähten. „Manchmal ist das Museum der lebendigste Ort einer Stadt“, konterte Peymann.
Dennoch machte Peymann, der nie ein Blatt vor den Mund nimmt, in den vergangenen Jahren manchmal mehr Schlagzeilen mit seinen politischen Äußerungen und Aktionen als mit seinen Regiearbeiten - zum Beispiel als er Solidarität mit dem Dramatiker Peter Handke zeigte, als der Autor wegen seiner Serbien-Sympathie in der Kritik stand. Peymann selbst wurde scharf kritisiert, als er dem ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar ein Praktikum an seinem Theater anbot. Das erinnerte an die 70er Jahre, als der Theaterleiter am Stuttgarter Staatstheater in einer aufsehenerregenden und folgenschweren Aktion Spenden für die Zahnbehandlung von RAF-Häftlingen sammelte.
Als Nachfolger hatte sich Peymann einen politischen Kopf gewünscht. Auf die Frage, ob Peymann an der Suche nach einem Nachfolger beteiligt gewesen sei, sagt Wowereit, man habe die Zukunft des Berliner Ensembles (BE) natürlich mit ihm erörtert und ihn auch nach seinen Vorstellungen befragt. Aber: „Es ist schwer aus Sicht von Claus Peymann, einen Nachfolger für sich selbst zu finden“, so Wowereit.
„Huhh!“, entfährt es Reese, nachdem er in Wowereits Rotem Rathaus seinen Vertrag unterschrieben hat. Ob Erleichterung oder Respekt vor der Aufgabe, Reese hat schon genaue Vorstellungen und Pläne. „Ein Theater der Gegenwart oder noch konsequenter ein Theater der Autoren“ will er am BE machen. Autoren wie Filmemacher und Schriftsteller Oskar Roehler („Quellen des Lebens“, „Die Unberührbare“) und den Briten Dennis Kelly hat Reese als Stückeschreiber im Auge. Außerdem will er international nach Autoren Ausschau halten.
Und: „Keine Angst vor guter Unterhaltung!“. Man solle ins Theater gehen wie in einen neuen spannenden Film, so der Theatermann, der in Berlin bereits Stellvertretender Intendant am Deutschen Theater und am Maxim Gorki Theater war. Der Dramatiker Moritz Rinke wird künftig Mitglied der BE-Leitung sein, kündigt Reese an, dessen Vertrag zunächst fünf Jahre läuft.
Peymann will sich am Tag der Entscheidung nicht selbst äußern. Er verschickt dafür eine Mitteilung über die hervorragenden Auslastungszahlen des Theaters und ergänzt dann: „Der kleine Claus und der große Klaus (oder umgekehrt?) sind übereingekommen, den bis 2016 laufenden Vertrag von Claus Peymann um eine Spielzeit - bis Juli 2017 - zu verlängern. Der Rest ist Schweigen.“