Ruhrtriennale: Das ist alles nur geklaut — Straßentanz als Raubkopie

Der brasilianische Hip-Hop-Choreograf Bruno Beltrão gastiert mit seinem neuen Stück „Crackz“ in Pact Zollverein.

Essen. Fünf Jahre ist es her, dass der brasilianische Hip Hop-Choreograf Bruno Beltrão mit seiner letzten Produktion „H 3“ auf Festivals gefeiert wurde. Seitdem hat er sich rargemacht — trotz vielfacher Angebote. Jetzt ist er wieder aus der Versenkung aufgetaucht mit einem neuen Stück, das den bezeichnenden Titel „Crackz“ trägt. Beltrão wäre nicht der schlitzohrige Taktiker, hätte er nicht gleich drei Festivals diese Uraufführung versprochen: Dem Kunstenfestival in Brüssel, wo „Crackz“ im Mai Premiere hatte, der Ruhrtriennale, wo es am Samstag herauskommt und dem Berliner Festival Tanz im August.

Vielleicht ist das ja auch der tiefere Sinn von „Crackz“: Der Begriff steht für das Erstellen von Raubkopien, also das bekannte Kopieren und Einfügen, das sich wenig um Originalität schert. Beltrão soll seine Tänzer aufgefordert haben, Bewegungssequenzen aus dem Internet zu kopieren, die dann die Grundlage der Choreografie bildeten.

Das allerdings ist dem Stück in seiner Brüsseler Version kaum anzusehen. Wie an der Schnur gezogen wirbeln die Tänzer in übergroßen Hosen diagonal über die Tanzfläche, formen sich zu Duos und Trios. Es wird viel auf halber Höhe getanzt, was an den brasilianischen Kampftanz Capoeira denken lässt. Die Turnschuhe liefern die quietschenden Obertöne zur sparsam eingesetzten Musik. Dann wieder verschränken sich die Körper ineinander, man stakst wie Flamingos umher — um am Ende in jugendlich kraftmeiernde Posen zu verfallen.

Der 1979 geborene brasilianische Choreograph ist derzeit das prominenteste Symbol für die ästhetische Infusion, die der Hip Hop der Tanzszene verabreicht. Beltrãos Rezept, mit dem er 2005 erstmals die internationale Tanzszene in Bann schlug, lautete: Glaubwürdigkeit und Intellektualität. Er war als Nachclubtänzer in seiner Heimatstadt Niteroi aufgetreten, hatte sich schnell seine Compagnie Grupo de Rua auf der Straße zusammengesucht, ein bisschen studiert, und dann nahm er den Hip Hop wie ein Mechaniker auseinander. Respektlos und klug.

Er löste die „klassischen“ Battles auf, verlangsamte die Moves, veränderte die Musik und kombinierte Hip-Hop-Sequenzen mit anderen Tanzstilen. So entstand der Beltrãosche Anti-Hip-Hop, dem auch die neue Produktion „Crackz“ folgt.

“ „CRACKz“, ca. 1 Stunde, 24., 25. und 31. August sowie 1. September, Pact Zollverein, Restkarten an der Abendkasse, Telefon (0221) 280 210