Turbulente „Familienbande“ an den Hamburger Kammerspielen

Hamburg (dpa) - Wer kennt sie nicht - die einander anzickenden Schwägerinnen, die maulige Teenager-Göre, die nur mit Konsum aufzuheitern ist, den klammen Onkel, der heimlich seine alte Mutter um Geld bittet?

Die liebe Verwandtschaft eben.

Aus knapp zehn solcher Typen, die sich zum 80. Geburtstag des Opas treffen, sowie einem Reigen internationaler Popsongs, angereichert mit ein paar Opernarien, haben Lutz Hübner und Franz Wittenbrink ihren Liederabend „Familienbande“ gemixt. An den Hamburger Kammerspielen hat Franz-Joseph Dieken das schrille Werk turbulent inszeniert. Bei der Premiere am Sonntagabend ließ sich das Publikum davon in Sektlaune versetzen. Es lachte viel und applaudierte am Ende herzlich. Im Ambiente eines düster-spießig getäfelten Gaststätten-Hinterzimmers (Ausstattung: Sabine Kohlstedt, Yvonne Marcour) waren Caroline Kiesewetter, Katharina Abt („Der Bulle von Tölz“), Tim Grobe sowie Jasmin Wagner, das einstige Teenie-Idol „Blümchen“, stimmstarke Stars im achtköpfigen Ensemble.

Temporeich und krachledern wurde gestritten und - von Dylan bis Mozart - gesungen, geflirtet und gestorben. Den musikalischen Takt gab Fabian Schubert (Leitung: Matthias Kloppe) kraftvoll als Ein-Mann-Kapelle vor.

In Hübner hat der Genre-Erfinder Wittenbrink („Sekretärinnen“, 1995/„Aida“, 2012) einen der meistgespielten Gegenwartsdramatiker gefunden, der spitzzüngige, abgründige kleine Stücke wie „Frau Müller muss weg“ (2010) verfasst. Das ließ für „Familienbande“ einiges an ironischer Inhaltlichkeit erwarten - doch da wurde man enttäuscht. Das Werklein ist nichts als ein sehr leichtgewichtiges Spiel mit Familien-Klischees. Und auch die Musikauswahl Wittenbrinks blieb leider eindimensionaler und damit spannungsfreier als in seinen früheren Bühnenhits.