Trauer um „Jopie“ Heesters
München (dpa) - Knapp drei Wochen nach seinem 108. Geburtstag ist der älteste aktive Schauspieler der Welt an Heiligabend gestorben. Im Klinikum Starnberg erlag er den Folgen eines schweren Schlaganfalls.
Kollegen und Wegbegleiter würdigten den Schauspieler, Sänger und Entertainer. „Charme, Eleganz und Leichtigkeit waren sein Markenzeichen“, erklärte der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Am Freitag soll der gebürtige Niederländer auf dem Münchner Nordfriedhof beigesetzt werden.
„Es wird eine große Trauerfeier“, sagte der Inhaber des Starnberger Beerdigungsinstituts Zirngibl, Rudolf Zirngibl, der Nachrichtenagentur dpa. Ein katholischer Pfarrer aus Heesters' Wohnort Starnberg werde die Predigt halten. In den Niederlanden gab es gemischte Reaktionen - wegen seiner Karriere in der Nazi-Zeit war Heesters in seiner Heimat stark umstritten.
Heesters sei am 24. Dezember um 10.15 Uhr im Beisein seiner Frau „friedlich verstorben“, teilte das Klinikum mit. Der Operettenstar hatte mit seiner 45 Jahre jüngeren Ehefrau Simone Rethel-Heesters bis zuletzt am Starnberger See gewohnt. Auf einem Pfosten am Gartenzaun vor dem Wohnhaus des Paares stand am Sonntag eine erloschene Kerze mit einem roten Kreuz.
„Jopie“ Heesters galt als der älteste aktive Schauspieler, Sänger und Entertainer der Welt. Er gehörte zu den populärsten Bühnendarstellern des 20. Jahrhunderts und wurde vor allem mit Operettenrollen bekannt.
Vor nicht einmal zwei Monaten hatte er am 31. Oktober bei seinem letzten großen Auftritt zum 50-jährigen Bestehen der Komödie im Bayerischen Hof in München das Publikum begeistert. „Es war großartig, alle waren total beeindruckt“, würdigte Intendantin Margit Bönisch am Sonntag den gestorbenen Star. Noch in diesem Jahr hatte Heesters zudem in einem Kurzfilm die Rolle des Petrus übernommen, der Ende November in München Premiere hatte. Zuletzt stand die Verfilmung einer Tschechow-Erzählung in seinem Terminkalender.
Zum Gedenken an Heesters änderte die ARD ihr Programm. Am Sonntagabend verfolgten 3,48 Millionen Menschen (Quote: 11,9 Prozent) den Nachruf „Herzensbrecher wider Willen“. Am 27. und 30. Dezember zeigt der Sender jeweils um 10.25 Uhr „Bel Ami, der Frauenheld von Paris“ (1955) und Géza von Bolvárys Verfilmung der berühmten Johann-Strauß-Operette „Die Fledermaus“ aus dem Jahr 1945. „Johannes Heesters war schon zu Lebzeiten eine Legende - und noch erstaunlicher: bis zuletzt ein aktiver Bühnenkünstler“, sagte ARD-Programmdirektor Volker Herres.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) würdigte Johannes Heesters als „Grandseigneur der leichten Muse“. Mit seiner einzigartigen Bühnenausstrahlung habe er die Herzen des Publikums erobert, hob Seehofer in einer Mitteilung am Samstagabend in München hervor. „Mit seiner optimistischen Ausstrahlung und Lebensbejahung, die ihn bis ins hohe Alter nicht verließen, hat Johannes Heesters vielen Menschen Freude bereitet und Mut gemacht. Sein Publikum hat ihn verehrt und geliebt.“
Heesters' Paraderolle war der leichtlebige Graf Danilo aus Franz Lehárs Operette „Die lustige Witwe“. Auch auf der Leinwand war Heesters in zahlreichen Filmen zu sehen wie „Gasparone“, „Hallo Janine“ und „Die Csardasfürstin“.
Am 5. Dezember 1903 im niederländischen Amersfoort als Johan Marius Nicolaas Heesters geboren, begann der Künstler seine Bühnenlaufbahn als 17-Jähriger in Amsterdam. Die eigentliche Karriere begann 1935 in Berlin, wo er rasch zum Frauenliebling und Charmeur aufstieg. Das lebensfrohe Lied „Heut geh' ich ins Maxim, da bin ich so intim“, das der Mann mit Frack, Zylinder und dem weißen Schal so oft sang, war ihm auf den Leib geschrieben. Auch nach dem Krieg war Heesters gefragter Star auf Leinwand und Bühne sowie bald auch im Fernsehen.
Wegen seiner Karriere in Nazi-Deutschland war Heesters von den niederländischen Bühnen jahrzehntelang boykottiert worden. Er beteuerte stets, in der NS-Zeit keine politischen Filme gedreht zu haben. Am 16. Februar 2008 hatte Heesters seinen ersten Auftritt nach fast einem halben Jahrhundert in seiner Geburtsstadt Amersfoort. Die Niederländer nahmen die Nachricht vom Tod ihres Landsmanns mit gemischten Gefühlen auf.
In Medienberichten wurde auf den Besuch des auch bei Nazi-Größen beliebten Operettenstars im Konzentrationslager Dachau im Jahr 1941 verwiesen. Der Künstler habe wohl „keine blasse Ahnung“ gehabt, wie problematisch seine Auftritte in Deutschland in der Zeit des Zweiten Weltkriegs in seiner Heimat gesehen wurden, hieß es beim angesehenen Niederländischen Institut für Kriegsdokumentation (NIOD). „Auch nach seinem Tod kann man das nicht anders als dumm nennen“, sagte NIOD-Sprecher David Barnouw.
Pieter Erkelens, der frühere Direktor des Theaters „De Flint“ in Heesters Heimatstadt Amersfoort, sagte hingegen: „Es gibt nur wenige Niederländer, die international gesehen so viel Wertschätzung für ihr Werk erfahren haben.“ Und: „Wir müssen als Niederländer stolz sein auf so ein Toptalent.“
Heesters selbst hatte einmal rückblickend gesagt: „Ich hab mein Leben gelebt und bin zufrieden mit meiner Karriere, ich habe mich auch stets bemüht, den Weg meines Lebens gerade zu gehen, auch im Sturm der Zeit.“ Seinen künstlerischen Nachlass hat er der Berliner Akademie der Künste vermacht.