Düsseldorfer Fenster in Reims
Imi Knoebel hat sechs Glaskunstwerke für die Krönungskathedrale in der französischen Stadt geschaffen.
Reims. Ein denkwürdiger Festakt findet am Samstag in der Krönungskathedrale von Reims statt. Wo sich 1962 Bundeskanzler Konrad Adenauer und Präsident Charles de Gaulle die Hand reichten und ihre Bereitschaft zur Aussöhnung bekräftigten, gibt es eine zweite große Geste der Versöhnung. Der Düsseldorfer Künstler Imi Knoebel (70), wichtigster Protagonist der abstraken Malerei, erhielt den Auftrag für sechs Fenster in der Nord- und Südkapelle. Die Originale hatten die Deutschen im Ersten Weltkrieg zerstört. Nun werden die Neuschöpfungen gezeigt.
Eine wunderbare Geste ist dies aus Paris, denn den Auftrag erhielt Knoebel nicht von der Kirche, sondern vom Staat, dem alle Gotteshäuser im Land gehören. Die Einladung erging vom Kulturminister Fréderic Mitterrand, Neffen des ehemaligen Präsidenten Francois Mitterrand. Nur deshalb nahm Knoebel den Auftrag an, denn seine Kunst versteht er als ein autonomes Werk aus Licht und Farben. Er ist Atheist.
Er arbeitete mit farbigen Flächensplittern, wie er sie schon über 30 Jahre zuvor in seinen Messerschnitten angewandt hatte, damals mit buntem Papier. Der Rückgriff auf diese bunten Papierschnitte war ausschlaggebend. Denn dadurch gewann er Zonen von Ruhe und Unruhe. Die Zacken mögen ihn an die einstige Zerstörung der Fenster durch die Deutschen erinnert haben. Oder an die Bombardierung von Dresden, die er als kleiner Junge miterlebte. Doch Knoebel betreibt keine Trauerarbeit. Er ist berühmt für den sinnlichen Zauber seiner Farben, mit denen er sehr souverän umgeht, auch in dieser Kathedrale.
Drei Jahre hat er sich für den Auftrag Zeit genommen. Er wollte im Glas wie sonst in seiner Malerei Energien sammeln und in Farben gleichsam entladen. Diese Idee verbindet ihn mit seinem Lehrer Joseph Beuys. Die Fenster für Reims haben keine Botschaft, sie beziehen ihre Kraft aus einem kalkutierten Spiel von Sonnenlicht, Farbglas, den kompakte Mauern und den transparenten Scheiben.
Im Düsseldorfer Atelier laborierte er mit den drei Grundfarben Rot, Blau und Gelb, um die Farbskala durch Schichtungen, den Sandstrahl und das Addieren durchgefärbter Glasplatten zu erweitern. Seine Werkstatt wurde zur Forschungsstätte, in der er die Familie bei der Umsetzung seiner Zeichnungen einspannte, auf der Suche nach einer Lebendigkeit.
Im oberpfälzischen Waldsassen suchte er mundgeblasenes Antikglas der Firma Lamberts aus. Bei der Krefelder Firma Jansen & Buscher bestellte er 600 Kilogramm Bleiprofile für die Bleistege sowie 30 Kilo Lötzinn für die Montage. Im Reimser Glasstudio Simon Marq wurden die Gläser geschnitten und verbleit. Seit die Kunst eingebaut ist, wird ihre Außenhaut durch eine Glashülle gegen die Witterung geschützt. Denn die Fenster des Imi Knoebel bringen nicht nur himmlische Farben auf Erden, sondern sollen jahrhundertelang zwischen Welt und Überwelt vermitteln.