Ein Demokrat mit jedem Herzschlag

Vor 200 Jahren kam der Dichter und Revolutionär Georg Büchner zur Welt.

Düsseldorf. Als Naturforscher getarnt macht Georg Büchner sich im Juli 1834 von Gießen aus auf den Weg. Der Student will ein Flugblatt in die Druckerei nach Offenbach bringen. Versteckt hat er es in der Botanisiertrommel, die um seinen Hals baumelt. Als „Der Hessische Landbote“ wird das Manuskript, das die reaktionären Zustände im Großherzogtum Hessen kritisiert, in die Geschichte eingehen. Bald schallt der Kampfruf „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ durch so manchen deutschen Kleinstaat.

Der am 17. Oktober 1813 in Goddelau bei Darmstadt geborene Georg Büchner ist Dichter und Revolutionär. Ein „Demokrat in jedem Pulsschlag seines Herzens, in jedem Gedanken seines Gehirns“, wie der Historiker Walter Grab einmal schreibt. Mit „Dantons Tod“ und „Lenz“ (beide 1835) veröffentlicht er gerade mal zwei Werke zu Lebzeiten. Dazu kommen die nach seinem frühen Tod mit 23 Jahren im Nachlass erscheinenden Stücke „Leonce und Lena“ sowie der „Woyzeck“. Seine unverblümte Direktheit und wuchtige Sprache machen ihn zum Vorbild. Gerhart Hauptmann sagt, er habe Büchner „viel zu danken“. Und Alfred Döblin bringt es auf den Punkt: „Dieser Büchner war ein toller Hund.“

Arzt soll er werden, wie der Vater. Es kommt anders. Als eigensinnig bis zur Dickköpfigkeit beschreiben ihn die Kameraden. Ein „Vergötterer der Französischen Revolution“. In der Schule trägt er die rote Jakobinermütze, grüßt mit republikanischem „Bon Jour, Citoyen!“. Später gründet er eine „Gesellschaft für Menschenrechte“, verfasst besagtes Flugblatt und muss nach Straßburg fliehen, weil er das Revolutionsdrama „Dantons Tod“ geschrieben hat. Bis heute eines der am häufigsten gespielten Stücke des Welttheaters.

Stetig lebt er in Angst vor der Verhaftung. Eine Leiter für die Flucht lehnt an seinem Fenster. Nachts schreibt er den „Lenz“. Am Tag betreibt er anatomische Studien und schreibt eine Doktorarbeit über den Kopfnerv der Barben. Selbst hier bleibt er sich treu, gilt die Barbe doch als Speisefisch des Proletariats.

In Zürich findet er eine Anstellung als Dozent. Doch seine Vorlesungen werden meist nur von drei motivierten Hörern besucht. Das reicht nicht zum Leben. Um Geld zu verdienen, folgt Büchner 1836 dem Aufruf der Augsburger Allgemeinen und sendet als Preisaufgabe sein Lustspiel „Leonce und Lena“ ein — einen Tag zu spät. Das Manuskript kommt ungelesen zurück.

Seinen „Woyzeck“ kann er nicht mehr beenden. Völlig überarbeitet bekommt er ein typhöses Nervenfieber, stirbt schließlich am 19. Februar 1837. Ein, wie sein Zimmernachbar Wilhelm Schulz lakonisch kommentiert, „lächelnd zu Tode Gearbeiteter“.