Eine Nacht in New Yorks Unterwelt mit Robert Pattinson
In „Good Time“ überfallen zwei Brüder eine Bank, danach ist nichts wie es war. Der Film besticht auch mit seinem Soundtrack.
Robert Pattinson kennen die meisten als den schönen Vampir Edward Cullen aus den „Twilight“-Filmen. Eine ganz andere Seite zeigt er nun in dem mitreißenden Thriller „Good Time“. Ein ziemlich heruntergekommener Pattinson hetzt als flüchtiger Bankräuber durch New York und hat so viele Probleme am Hals, dass man ihm fast wünscht, ein Vampir möge hineinbeißen und ihn erlösen. Der Film der bislang recht unbekannten US-Brüder Josh und Benny Safdie lief im Mai auch in Cannes.
Es ist ein Bankraub, der zu gut läuft, als dass er gut ausgehen könnte: Maskiert stehen Connie (Robert Pattinson) und Nick (Benny Safdie) vor dem Bankschalter und reichen der Dame dahinter einen Zettel: 60 000 Dollar in die Tasche, bitte. Die Frau packt ein, was sie hat und reicht den Zettel zurück, mehr habe sie nicht. Die Räuber wollen den Rest und schreiben, sie seien bewaffnet. Die Frau läuft zu einem Hinterraum, die beiden warten, keinem fällt etwas auf — sie bekommen die Tasche. Ruhig verlassen sie die Bank, im Fluchtwagen zeichnet sich schon ein leises Lächeln auf Connies Gesicht hab — es soll das einzige im ganzen Film bleiben. Natürlich platzt eine Farbpatrone, pinkbesudelt sitzen die Räuber da, jetzt sind sie gesuchte Verbrecher.
Banküberfälle hat es in Filmen schon einige gegeben, wenige aber sind so spannend wie dieser. Das liegt vor allem daran, wer Connie und Nick sind: sie sind Brüder, und Nick ist geistig behindert. Es ist Connie, der ihn zu dem Überfall anstiftet — und gleich danach ist es Nick, der der Polizei in die Hände fällt. Nun setzt Connie alles daran, seinen Bruder aus dem Gefängnis freizukaufen. Eine Nacht hetzt er durch ein New York, das kein Tourist jemals zu sehen bekommt. Wenn die Sonne schließlich aufgeht, ist der Film aus — und der Zuschauer geschafft.
Der düstere und rastlose Film „Good Time“ zeigt das New York der Armen und der Gangster, dazwischen fährt eine Polizei umher, die immer schon das Fernsehen dabei hat. Keine der Figuren hat etwas zu gewinnen und wahrscheinlich deswegen auch keine Angst vor dem Verlieren.
Pattinson, der mit wildem Blick und kompletter Abgeklärtheit diese Odyssee durch die Unterwelt bestreitet, trägt den Film genauso wie Safdie, der Bruder Nick spielt: Blick geradeaus, Innenleben unerreichbar. Welches Leben die Brüder hatten, wird nicht erzählt. Die Regisseure bedienen sich des klassischen „Show don’t tell“-Prinzips. Klar ist: Da ist Liebe zwischen zwei Geschwistern, was sonst noch oder lange verloren ging — egal.
Der sehenswerte Film funktioniert auch wegen der Musik, die ihn untermalt. In Cannes gewann er in der Kategorie „Beste Filmmusik“. Der New Yorker Elektrokünstler Daniel Lopatin, bekannt unter dem Projekt Oneohtrix Point Never, steuerte die Tracks bei: anspruchsvolle Elektromusik, die manchmal fast ins Psychedelische abgleitet, treibt die schnell geschnittenen Szenen voran. Am Ende ist „Good Time“ natürlich auch ein Film über Schuld. Denn Connie zieht nicht nur seinen Bruder mit in den Abgrund.
Wertung: n n n n n