Kultur Theater-Film: „Beethoven abgedreht“

Krefeld · So ist der Beethoven-Film des Jungen Theaters am Theater Krefeld und Mönchengladbach unter der Regie von Katja Bening. Zu sehen auf Youtube.

Szenenfoto aus „Beethoven abgedreht“ vom Jungen Theater.

Foto: Matthias Stutte

Filme, auch mal etwas abgedrehtere, über Komponisten gibt es viele. Offenbar lassen sich – bisweilen auch nur entfernt inspiriert vom jeweiligen Tondichter und seinem Leben – hervorragend kinematografische Schöpfungen verfertigen. Man denke an den überaus speziellen „Mahler“-Film von Ken Russell oder an „A Clockwork Orange“ von Kubrick, bei dem zwar nur mittelbar, aber dafür umso tragender „Ludwig van“, also Beethoven, über allem thront.

Auch um Beethoven geht es bei dem Filmprojekt „Beethoven abgedreht“, auch etwas verrückt geht es dort zu und doch ist in diesem Film alles ein bisschen anders. Was auch daran liegen, mag, dass dieser Film, der ein Projekt des Jungen Theaters am Theater Krefeld und Mönchengladbach unter der Regie von Katja Bening ist, eigentlich ein Genre darstellt, was es so fast nicht gibt. Ein „echter“ Spielfilm ist er nicht, denn er „spielt“ bewusst mit dem Kontext „Theater“ im Theater selbst. Ein Theater-Film oder ein Mitschnitt einer Aufführung ist diese Produktion auch nicht, weil die Konzeption weit über Dramaturgien von Theater hinausgeht und eher filmisch funktioniert. Die Aufführung fand so für Publikum nie statt, zeitgleich wirken viele Passagen dennoch wie Verewigungen einer Aufführung.

Die Produktion, die als Ersatz für einen Beethoven-Abend von den Mitgliedern des Opernstudios Niederrhein, zwei Tänzerinnen, ein Schauspieler sowie den vier Mitglieder der Orchesterakademie dient, ist ein Hybrid, der vielleicht so nur zu Corona-Zeiten existieren konnte. Nun ist das Video (Kamera, Bildregie und Schnitt: Bird’s eye productions Köln) auf dem Youtube-Kanal des Theaters abrufbar. In gut 30 Minuten begegnen uns die Sänger und Sängerinnen Guillem Batllori, Maya Blaustein, Woongyi Lee, Boshana Milkov, der Schauspieler Raafat Daboul, Julianne Cederstam, Alice Franchini vom Ballett und die Instrumentalisten Viola Gaebel, Inka Jans, Justinas Kaunas, Tekla Varga. Eingebettet in eine Ästhetik, die verdächtig an die Produktion „Beethoven!“ des Balletts erinnert. Somit spielt man mit einer Ambivalenz zwischen historisierendem Zopf-Stil, einer Art postmodernen Brechung und viel Ironie – die aber den Grad ihrer „Entfremdung“ offen lässt.

Ganz authentisch wirkt die Musik, die sich in unterschiedlichsten „Masken“ zeigend, dennoch einen wahrhaften Kern zeigt (Musikalische Leitung, Arrangements und Klavier: Michael Preiser). Einen Kern, der dem Jubilar Beethoven näher kommen soll, als bloßes Musizieren – indem man schauspielerische und performative Subtexte liefert. Szenen gestaltet, die mal von Liebe und Sehnsucht sprechen, mal von Distanz und Streit. Corona durchzieht bemerkenswerte Momente des Films, da Abstandsregeln zum Teil der Inszenierung werden.

Viel zu verdanken hat das gesamte Produkt aber der frischen und sprühenden Spiellust aller. Wobei sich auch mal Musiker von ihrer theatralischen, Schauspieler von der musikalischen und Sänger von der schauspielerischen Seite zeigen – und wie! Eine gewisse, fast kindliche Spielfreude, tritt immer wieder zu Tage, ob ganz real in einer „verrückten“ Tumultszene auf Distanz oder eher subtil, im augenzwinkernden Heraufbeschwören von Beethovens „heiterer“ Seite.

Ein Problem war, dass die – offensichtlich – intendierten sinnlichen und mehr lyrischen Momente bisweilen an der feinen, etwas sensiblen, Grenze zu einer Überzeichnung kratzten. Ein Phänomen, das auftreten kann, wenn Theater filmisch festgehalten wird. War das nun ein Film mit viel Theater oder Theater mit Film? Davon kann man sich derzeit ein eigenes Bild machen.