Lesung Als Wagner zu Beethoven pilgerte
Krefeld · Schauspieler Ronny Tomiska hat im Garten des Niederrheinischen Literaturhauses die zu Papier gebrachte Jugendschwärmerei Wagners vorgetragen.
Es ist nur die grüne Wiese im Garten des Niederrheinischen Literaturhauses an der Gutenbergstraße und nicht der Grüne Hügel des Festspielhauses in Bayreuth. Es geht auch nicht um die voluminösen Musikdramen des großen Komponisten, sondern um die Jugendschwärmerei von Richard Wagner für Ludwig van Beethoven. Theater-Schauspieler Ronny Tomiska liest Wagners „Eine Pilgerfahrt zu Beethoven“ nach Wien. Eine fiktive Geschichte, die den Besuchern real viel Spaß macht.
Es brauchte nicht viel Zeit, um die 25 Plätze im Sicherheitsabstand und an der frischen Luft mit kulturhungrigen Besuchern zu besetzen. „Es ist unsere erste Gartenlesung dank Corona und unser Beitrag zum Beethovenjahr“, sagt Michaela Plattenteich, die Vorsitzende des veranstaltenden Vereins „Literatur in Krefeld“, zur Begrüßung. Besucherin Constanze Petersmann freut sich auf das unbekannte Stück mit dem Schauspieler des Krefelder Theaters, das mit Herz und Seele geführt werde.
Das Beethovenjahr falle wohl zu diesen Zeiten „etwas aus“, findet Tomiska und freut sich auf die Vorstellung. Auch für ihn ist die Gartenlesung eine Premiere. „Die Pilgerreise“ hat Schauspieler Klaus Maria Brandauer schon gelesen. Tomiska kennt das Stück jedoch von Kabarettist Herbert Feuerstein, der unter anderem von der Zusammenarbeit mit Harald Schmidt in „Schmidteinander“ bekannt ist. Was besagt: Es kann eher unterhaltsam als ernst zugehen, im Bericht über die Reise von Leipzig nach Wien.
„Es ist eine wunderbare und abenteuerliche Geschichte, des in Armut lebenden, noch unbekannten jungen Wagner, der sich zu Fuß aufmacht, um seinem Idol Beethoven zu begegnen. Dabei muss er sich mit einem penetranten Engländer plagen“, erzählt der Schauspieler vorab und schmunzelt.
Richard Wagner als Prosa-Autor? Mit so viel Humor? Ja, das gibt es. Unter dem Titel „Ein deutscher Musiker in Paris“ verfasste Richard Wagner 1840/41 mehrere Aufsätze, die viel von der Gedankenwelt des Autors und Komponisten verraten.
Große Ehrfurcht vor dem
verstorbenen Meister
Diese fiktive Reise zu dem „Genius“ Beethoven führt jedoch nach Wien, um sich von ihm unterrichten zu lassen oder ihn wenigstens einmal zu sehen oder zu sprechen. In großer Ehrfurcht vor dem damals bereits verstorbenen Meister gerät die Reise zu einer regelrechten Wallfahrt, die er sich durch die Kompositionen für einige sprunghafte Tänze namens „Galopp“ verdient hat. So kann sich Wagner kaum vorstellen, dass sein Idol Brot isst und Wasser trinkt, möchte aber gar „ein Teil von ihm werden“. Der Engländer verfolgt ein ähnliches Ziel, und die Beiden konkurrieren – zum Teil mit unlauteren Mitteln – darum, als Erster am Ziel der Träume, sprich bei Beethoven, zu sein.
Der große Komponist gewährt Wagner schließlich einen Besuch, erscheint in ungepflegter Kleidung, mit wirrem Haar und schwerhörig. Das tut der Anbetung keinen Abbruch. Dabei legt Wagner Beethoven Worte in den Mund, die die „Langeweile“ zeitgenössischer Opern anprangern, eigentlich aber seine eigene Meinung darstellen.