„Dallas Buyers Club“: Schmuggeln gegen den Tod
Matthew McConaughey brilliert als aidskranker Macho.
„Es gibt nichts da draußen, was einen Ron Woodroof in 30 Tagen umbringen kann“ schreit der Patient die Ärzte an. Man schaut den Mann an und ist sich da nicht so sicher: Der Körper ist ausgezehrt, die Haut fleckig.
Aber aus den dunklen Augenhöhlen flammt uns eine Kraft entgegen, die sich vehement gegen den körperlichen Verfall stemmt. Ron Woodroof (Matthew McConaughey) ist ein zäher Bursche, aber er hat Aids. Und man schreibt das Jahr 1985. Ein Medikament gegen die Immunschwächekrankheit ist nicht in Sicht.
Der Elektriker und Rodeo-Reiter aus Texas hat hemmungslos gesoffen, gekokst und Sex gehabt. Dass er sich diese „Schwulenkrankheit“ eingefangen haben soll und nach Angaben der Mediziner nur noch einen Monat zu leben hat — damit will Ron sich nicht abfinden. Der großmäulige, schwulenfeindliche Macho ist alles andere als ein Sympathieträger. Dennoch verfolgt man sein Schicksal in Jean-Marc Vallées „Dallas Buyers Club“ mit zunehmendem Interesse.
Immer wieder rappelt sich Ron auf und versucht, der tödlichen Krankheit wenigstens etwas mehr Lebenszeit abzuringen. In Mexiko findet er Medikamente, die von den US-Behörden noch nicht zugelassen sind. Die Eigenbehandlung bringt keine Heilung, aber eine deutliche Verbesserung. Das weckt in Ron den Geschäftssinn. Er führt die Medikamente illegal in die USA ein, tut sich widerwillig mit dem Transsexuellen Rayon (Jared Leto) zusammen und gründet den „Dallas Buyers Club“.
Gegen einen monatlichen Beitrag von 400 Dollar werden die Mitglieder mit den Arzneimitteln versorgt, die Ron aus Südamerika, Japan und Europa ins Land schmuggelt. Natürlich gerät das Unternehmen bald in Konflikt mit den Behörden. Die FDA (Food and Drug Administration) fungiert als Gehilfe der Pharmaindustrie, die das teure und gefährliche AZT auf den Markt bringen will.
So erzählt auch „Dallas Buyers Club“ eine David-gegen-Goliath-Geschichte. Aber es ist weniger der politische Subtext, der Vallées Film zu einem der interessantesten Bewerber in der diesjährigen Oscar-Rallye macht, als die schillernde Hauptfigur.
Matthew McConaughey hat für die Rolle des kranken Cowboys fast 25 Kilo abgenommen. Wie er durch den ausgemergelten Körper die Lebensenergie der Figur durchscheinen lässt und zwischen den großen emotionalen Kontrasten auch die feinen Nuancen findet — das ist ganz großes Schauspielerkino ohne Rampensau-Attitüden. Dazu passt Vallées („Young Victoria“) umsichtiger Regiestil, der die Wandlung der Figur zum unfreiwilligen Aktivisten und toleranzfähigen Mitmenschen nicht in sentimentale Katharsisschablonen presst, sondern als fast schon beiläufigen Nebeneffekt eigennützigen Handelns in Szene setzt.