DEFA-Regisseur Kurt Maetzig mit 101 Jahren gestorben
Berlin (dpa) - Regisseur Kurt Maetzig, der DDR-Filmgeschichte geschrieben hat, ist tot. Er starb am Mittwoch im Alter von 101 Jahren in seinem Haus in Wildkuhl in Mecklenburg-Vorpommern, wie seine Witwe der Nachrichtenagentur dpa in Berlin sagte.
Sie bestätigte damit einen Bericht der „Leipziger Volkszeitung“.
Maetzig drehte in der DDR bis heute bewegende Dramen wie „Ehe im Schatten“ und „Das Kaninchen bin ich“, aber auch zahlreiche Propagandafilme für den SED-Staat. Der Regisseur war außerdem Mitbegründer der DDR-Filmfirma DEFA und zehn Jahre lang Leiter der Babelsberger Filmhochschule.
Am 25. Januar 1911 in Berlin geboren, fing Maetzig seine Karriere als Kameramann, Regieassistent und mit fotochemischen Studien an. Während der Nazi-Herrschaft waren Maetzig und seine jüdische Mutter Repressalien ausgesetzt. Maetzigs erster Spielfilm „Ehe im Schatten“ (1947) über die wahre Geschichte des Schauspielers Joachim Gottschalk und dessen jüdische Ehefrau bezeichnete Maetzig als Aufarbeitung eigener Erlebnisse.
Die Nationalsozialisten erteilten Maetzig Berufsverbot. Seine Deportation als „Halbjude“ verhinderten einflussreiche Freunde. Maetzigs Mutter beging aus Angst vor der Gestapo Selbstmord. Noch vor Kriegsende trat Maetzig 1944 in die illegale Kommunistische Partei ein.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges zog er in den sowjetischen Sektor Berlins und wurde zum Mitbegründer der Filmgesellschaft DEFA. Er glaubte an „die sozialistische Sache“ und drehte stramm linientreue Filme über den Kommunistenführer Ernst Thälmann (1954/55) oder auch Werke wie „Schlösser und Katen“ (1956) über die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft.
In Ungnade bei der SED fiel Maetzig dann mit seinem Liebesdrama „Das Kaninchen bin ich“. Der Film wurde 1965 auf dem 11. ZK-Plenum zusammen mit fast einem ganzen Jahrgang von DEFA-Filmen verboten. „Das Kaninchen bin ich“ erzählt von einem Mädchen, das nicht studieren darf, weil sein Bruder wegen „staatsgefährdender Hetze“ im Gefängnis sitzt. Die junge Frau verliebt sich dann unwissentlich in den Richter, der für das harte Urteil verantwortlich ist, und entlarvt den Mann als feigen Opportunisten.
23 Filme drehte Maetzig, darunter das historische Arbeiterepos „Die Buntkarierten“, die Komödie „Vergesst mir meine Traudel nicht“ (1957) und die erste DEFA-Science-Fiction-Produktion „Der schweigende Stern“ (1960). Im Jahr 1975 kam sein letzter Film heraus, das Kriegsheimkehrer-Drama „Mann gegen Mann“. Maetzig war viermal verheiratet und Vater dreier Kinder. Zuletzt war er ältestes Mitglied der Berliner Akademie der Künste.
Maetzig habe fast ein halbes Jahrhundert deutscher Filmgeschichte entscheidend mitgeprägt, erklärte die DEFA-Stiftung, die das DDR-Filmerbe bewahrt. „Seine Arbeiten spiegeln wie die keines anderen Künstlers die wechselvolle Geschichte des DDR-Kinos, dessen Licht- und Schattenseiten, die Aufbruchsstimmungen, aber auch Zeiten der Resignation und Bescheidung.“ Sein wacher Geist habe ihn bis ins hohe Alter zu einem gesuchten Ratgeber und Gesprächspartner gemacht. Die DEFA-Stiftung und das Potsdamer Filmmuseum zeigen am 24. August zum Gedenken an Maetzig seinen Film „Ehe im Schatten“.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) würdigte Maetzig als wichtigen deutschen Filmschaffenden. „Die Arbeit dieses Mitbegründers der DEFA und international renommierten Filmregisseurs verdient Respekt und Würdigung“, erklärte Wowereit. „Maetzig ist eine Figur der deutschen Filmgeschichte.“ Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) bezeichnete Maetzig als einen ganz Großen des deutschen Films. „Kurt Maetzig hat wie nur Wenige den Filmstandort Potsdam-Babelsberg geprägt.“ Vieles von dem, was die DEFA an Filmkunst produziert habe, gehöre zu Recht zum kulturellen Erbe unseres Landes.
Mit Bestürzung reagierte der Verlag Neues Leben (Berlin) auf den Tod Maetzigs. „Dem Verlag bleibt er vor allem als beredter Gesprächspartner in Erinnerung“, heißt es in einer Mitteilung. Für das demnächst erscheinende Buch „Das Prinzip Neugier. DEFA-Dokumentarfilmer erzählen“ habe er sich noch einmal ausführlich zu seiner Biografie und seinem Schaffen äußert.