Die Kurzen mit dem Kennerblick fürs Kino
Was für ein Job: Die Kinderjury darf beim Filmfestival tagelang im Kino sitzen. Aber, psst! Diskretion ist auch für sie Ehrensache.
Berlin. Gerade hat ein niederländisch sprechender Elch auf der Leinwand nach heißer Schokolade verlangt. Das Publikum fand die Weihnachtskomödie „Midden in de Winternacht“ lustig. Aber Lilly Rinklebe (12) ist eisern. Ob ihr der Film gefallen hat, das verrät die Berliner Schülerin nicht. Sie sitzt mit einem Festival-Pass bei der 64. Berlinale in der Jury des Kinderprogramms. Da gilt Schweigepflicht wie bei den Großen. Elf Spielfilme und dazu noch Kurzfilm-Programme dürfen die Jung-Kritiker anschauen. Seit 1978 hat die Berlinale ein Kinderprogramm. Der Gläserne Bär, der Hauptpreis, wird dieses Jahr 20.
Die Kinderjury bekommt schulfrei und Kino satt. „Ich gehe schon immer auf die Berlinale, und da ist es einfach toll, jetzt selbst mal diejenige zu sein, die da auf der Bühne steht und den Preis verleiht“, sagt Lilly. Auch Jan-Hendrik Schmahl (12) guckt mit Kennerblick. „Ich achte darauf, dass die Bildqualität gut ist“, sagt er. Wichtig findet Jan auch, ob der Film lustig, spannend oder überraschend ist.
1200 Jungen und Mädchen hatten sich bei der vorigen Berlinale beworben, elf wurden ausgewählt. Die Festivalreihe, die offiziell „Generation“ heißt und zwei Wettbewerbsreihen für Kinder und Jugendliche hat, ist längst kein Geheimtipp mehr. 60 000 Besucher von jung bis alt kommen jedes Jahr.
Jan-Hendrick Schmahl, Juror
In den Vorführungen für die Kleinen geht es ein bisschen wuseliger zu als im Erwachsenenprogramm. Wie bei den Großen haben die Zuschauer die Gelegenheit, hinterher dem Filmteam Fragen zu stellen. Wie das mit dem Elch funktioniert hat, wollen die Kinder wissen. Und der Weihnachtsmann aus dem holländischen Film wird gefragt: „Haben Sie mehr als eine Flasche Schnaps getrunken?“ Ja, sagt dieser. „Das hat sehr gut geholfen.“
Die Leiterin der Festival-Sektion weiß, wie aus Kindern Cineasten werden können. „Junge Menschen begeistern sich für das Kino beziehungsweise Filme, wenn sie merken, dass die Filme aus ihrem Blickwinkel erzählt werden und auf Augenhöhe stattfinden“, sagt Maryanne Redpath. Das Publikum wachse mit. Viele Kinder von einst seien heute erwachsen und treue Fans der Sektion geworden.
So wird es wohl auch bei Jan und Lilly aus der Jury sein. Langweilig wird es ihnen bei der Berlinale bestimmt nicht. Doch der Kinomarathon kann auch anstrengend werden, weiß Lilly. Aber bei der Berlinale Filme zu gucken, das sei einfach ein Erlebnis. Beim Festival findet sie es viel besser als sonst im Kino, wo die Leute am Ende nicht klatschen, und schon beim Abspann rausgehen.