Die Unterschätzte: Schauspielerin Trine Dyrholm

Kopenhagen (dpa) - Trine Dyrholm (43) kann wunderschön und grausam verbraucht aussehen. Sie steckt mit ihrem Lachen an und rührt mit ihrer tiefen Traurigkeit zu Tränen.

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„Sie hat keine Angst, sich des ganzen menschlichen Ausdrucksregisters zu bedienen“, sagt der niederländische Regisseur Jacob Schokking über die Dänin. „Von sehr charmant und schön und elegant bis zu grenzüberschreitend hässlich.“

Dyrholm hat keine Scheu, sich nackt zu zeigen, wie sie in dem Drama „Die Kommune“ ihres Landsmanns Thomas Vinterberg beweist. „Klar bin ich eitel“, sagt die Schauspielerin der Zeitung „Politiken“. „Aber nicht, wenn ich spiele.“ Auch wenn sie manchmal hinterher denke: „Okay, darüber hätte ich vielleicht vorher mal kurz nachdenken können.“ Andererseits gehört sie nicht zu der Sorte Frauen, die das Haus nicht ohne Make-Up verlassen.

Für die Jury der 66. Berlinale ist Dyrholm in diesem Jahr die beste Darstellerin - sie bekommt für ihre Rolle in „Die Kommune“ einen Silbernen Bären. Sie spielt eine Frau, die der Langeweile ihrer Ehe entfliehen und eine Kommune gründen will. Sie selbst habe auch mal in einer Kommune gewohnt in den 1980ern, aber nur ein halbes Jahr, verrät Dyrholm. Sie hätten Abendessen geteilt - aber keine Partner.

Auf der Berlinale ist Dyrholm so zuhause, dass sie bei der Verleihung sagt: „Das hier ist meine Kommune.“ Die „taz“ nannte Dyrholm aber mal „Die Unterschätzte“, weil sie international bislang wenig in Erscheinung getreten ist. In ihrer Heimat ist die Schauspielerin und Sängerin alles andere als unterschätzt. Die Karriere des Mädchens aus Odense kommt schon sehr früh ins Rollen.

Mit acht Jahren tritt sie zum ersten Mal im Konzerthaus ihrer Heimatstadt auf, mit 13 schreibt sie ein Theaterstück über Anne Frank mit sich selbst in der Hauptrolle. Ein Jahr später macht sie als Sängerin beim dänischen Vorentscheid für den Grand Prix mit. Dyrholm gewinnt zwar nicht, ist aber plötzlich bekannt.

Gleich für ihre erste Hauptrolle als Schauspielerin in „Springflut“ (1990) bekommt die Blondine den dänischen Kritikerpreis „Bodil“. „Trine hatte eine Ausstrahlung und eine Anwesenheit, die dafür gesorgt hat, dass sie sofort Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat“, sagt Jesper Gredeli Jensen, mit dem Dyrholm in „Springflut“ spielt.

An der staatlichen Theaterschule wird die Lehrertochter auf Anhieb genommen. Dass Dyrholm eine Ausnahme-Mimin ist, die sich in ihre Rollen stürzt wie kaum eine andere, merken auch Dänemarks Regiegrößen. Für Vinterberg spielt sie 1997 in dem Dogma-Film „Das Fest“. In dem Oscar-prämierten Drama „In einer besseren Welt“ gibt sie 2010 die weibliche Hauptrolle. „Sie ist die beste Schauspielerin, die wir haben“, sagt Regisseurin Pernille Fischer Christensen.

Zum ersten Mal traut sich Dyrholm jetzt auch auf den Regiestuhl - für die dritte Staffel der in Deutschland noch nicht ausgestrahlten Fernsehserie „Die Erbschaft“, in der sie seit 2014 mitspielt.