Rosi widmet Goldenen Bären Bewohnern von Lampedusa
Berlin (dpa) — Der italienische Regisseur Gianfranco Rosi hat seinen Goldenen Bären den Bewohnern von Lampedusa gewidmet.
Der 51-Jährige gewann mit seiner Flüchtlingsdokumentation „Fuocoammare“ den wichtigsten Preis der Berlinale. Die Menschen auf der Insel seien immer sehr offen gewesen, die Leute zu akzeptieren, die dort angekommen seien, sagte Rosi am Samstagabend in Berlin.
Die Auszeichnung geht damit erstmals seit Jahren an eine Dokumentation. „Fuocoammare“ (deutsch: Feuer auf See) erzählt in teils schonungslosen Bildern vom Flüchtlingselend im Mittelmeer. Rosi lebte dafür selbst auf Lampedusa, wo viele Menschen in Booten ankommen. Er wolle den Film dort bald zeigen, erzählte er nach der Verleihung. Ein Problem sei nur, dass es kein Kino gebe.
„Ich hoffe, dass dieser Film zu mehr Bewusstsein führen kann, dass die Leute sensibilisiert werden“, sagte Rosi. Er wurde selbst in Eritrea geboren und kam als Jugendlicher nach Italien. „Wir können nicht wegschauen, weil wir alle verantwortlich sind“, mahnte er. Oscar-Preisträgerin Meryl Streep, die in diesem Jahr Vorsitzende der Jury war, nannte seinen Film „das Herz der Berlinale“.
Die 66. Internationalen Filmfestspiele zeigten bewusst viele Filme, die sich mit aktuellen Themen auseinandersetzen. In Rosis Film sehe man, was es bedeute, seine Heimat zu verlieren, sagte Festivaldirektor Dieter Kosslick nach der Gala am Potsdamer Platz. Rosi sei mit in den Booten gewesen und zeige uns alles noch einmal auf anderem Wege als die bekannten Bilder. „Er ist viel näher dran.“
Die Berlinale, die an diesem Sonntag mit einem Publikumstag zu Ende geht, zeigte mehr als 400 Filme. Insgesamt gingen 18 Filme in den Wettbewerb — acht davon wurden prämiert. Der einzige deutsche Beitrag, das Abtreibungsdrama „24 Wochen“, ging bei der Preisverleihung leer aus. Italien hatte zuletzt 2012 einen Goldenen Bären erhalten, im vergangenen Jahr wurde der iranische Film „Taxi Teheran“ von Jafar Panahi mit dem Hauptpreis geehrt.
Neben dem Goldenen Bär gibt es viele in Silber. Die Dänin Trine Dyrholm wurde als beste Darstellerin geehrt, sie spielt in Thomas Vinterbergs „Die Kommune“ (original: „Kollektivet“) eine Frau, die der Langeweile ihrer Ehe durch Gründung einer Kommune entkommen will.
Bester Darsteller wurde der Tunesier Majd Mastoura in „Hedi“ (original: „Inhebbek Hedi“). Er widmete seinen Bären den „Märtyrern der Revolution“, wie er sagte. „Wir hätten keine Meinungsfreiheit ohne all das Blut, das sie vergossen haben.“
Den Großen Preis der Jury erhielt der bosnische Regisseur Danis Tanovic für „Tod in Sarajevo“ (original: „Smrt u Sarajevu“). Für die beste Regie wurde die erst 35-jährige Französin Mia Hansen-Løve mit ihrem Film „Die Zukunft“ (original: „L'avenir“) ausgezeichnet, in dem Isabelle Huppert eine kühle Philosophiedozentin spielt.
Der längste Film der Berlinale dauerte acht Stunden: „A Lullaby to the Sorrowful Mystery“ (übersetzt etwa: Ein Wiegenlied für das schmerzhafte Geheimnis) des Philippinen Lav Diaz. Er gewann den Alfred-Bauer-Preis für innovative Filmkunst. Diaz dankte dem Berlinale-Team, dass sie seinen Film genommen hätten. „Es war ein ziemliches Risiko für Sie. Der Film dauert acht Stunden.“
Direktor Kosslick zog folgendes Fazit zu dem elftägigen Festival, zu dem auch Stars wie US-Beau George Clooney gekommen waren: „Die Filme haben die Menschen berührt. Und sie haben sie bestimmt auch zum Nachdenken gebracht.“ 500 000 mal seien Menschen ins Kino gegangen, sagte er. „Das ist ein großes Statement für die Kunst des Kinos.“