Dreharbeiten: Im Kuhstall untergetaucht

Wie mutige westfälische Bauern Marga Spiegels Familie vor den Nazis versteckten.

Billerbeck. Die Helden heißen Heinrich Aschoff, Hubert Pentrop oder Heinrich Silkenböhmer. Westfälische Bauern, die nun im Film ein Denkmal bekommen. Über zwei Jahre versteckten sie im Zweiten Weltkrieg eine jüdische Familie und riskierten dafür den eigenen Kopf.

"Unter Bauern", so der Arbeitstitel des Kinofilms, schildert die reale Geschichte der Familie Spiegel aus Ahlen im Münsterland, die auf der Flucht vor Nazis und Verfolgung Unterschlupf auf einsamen Höfen des Landstrichs erhielt. Marga Spiegel, die bis heute in Münster lebt, schrieb in den 1960er Jahren in einem Buch auf, wie sie mit Mann und Tochter neben Heuhaufen und Kuhställen untertauchte.

Ihre Erinnerungen sind die Vorlage für den Film. Marga Spiegel, Jahrgang 1912, ist die Tante des früheren Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel.

Noch als sehr alte Dame ist sie eine Schönheit und weiß, was sie will - zum Beispiel Veronica Ferres in ihrer Rolle. Und die Ferres wollte auch. Bereits 2003 hatte die Mimin in "Annas Heimkehr" einen sehr ähnlichen Stoff schauspielerisch verarbeitet.

Bis zum 8. Oktober dreht das prominent besetzte Filmteam um Regisseur Ludi Boeken an etlichen Schauplätzen in ländlichen Gegenden Westfalens die erstaunliche Geschichte mit gutem Ausgang nach. Neben Ferres steht Armin Rohde als Menne Spiegel, Margas Mann, vor der Kamera.

Der Pferdehändler hatte seine Bauernfreunde gebeten, Frau und Kind aufzunehmen. Veit Stübner gibt den Bauern Pentrop, Margarita Broich und Martin Horn spielen das Ehepaar Aschoff, bei dem Marga und ihr Töchterchen Karin auf der Flucht vor der Deportation unter falschem Namen unterkommen.

"Es waren wenigstens 500 Leute, die das geahnt oder gewusst haben", erstaunt sich Regisseur Boeken heute noch über das Überleben der Familie im Untergrund. Marga Spiegel, die ihren Vater im KZ Sachsenhausen verloren hat, hat ihr Buch auch geschrieben für, wie sie sagt, "ruhmvolle Menschen, die teilweise aus Güte, aus Anstand, teilweise aus der Religion heraus, drei Menschen vor dem Tod bewahrten".

Es sei gut, dass die Geschichte nun für mehr Menschen verwirklicht werde. Veronica Ferres und die Autorin haben sich vor Drehbeginn getroffen. Die fast 100-Jährige sei eine "spannende, coole und hochmoderne Frau", die sie zutiefst bewundere, sagt die Schauspielerin.

38 Drehtage wird das Filmteam am Ende in Westfalen verbracht haben, auf Bauernhöfen, in Zügen und Baracken. In Billerbeck, gut 20 Kilometer westlich von Münster, stand zuletzt ein weihnachtlicher Kirchgang im Jahr 1944 auf dem Drehplan.

Die Passanten sahen eine bizarre Szene entstehen. Mitten im alten Zentrum wurde der Platz vor dem Gotteshaus in frostiges Weiß getaucht, wurden alte Fahrräder an die Mauer gelehnt, Hakenkreuzfahnen an den Mast gehängt und Durchhalteparolen in die Schaufenster geklebt.

Etwa vier Millionen Euro umfasst das Budget. Das sei nicht sehr viel für einen historischen Film und die lange Drehzeit, betont Produzent Joachim von Mengershausen. Das Projekt ist eine Koproduktion für Kino und Fernsehen. Beteiligt sind unter anderem private Produzenten, der WDR und die Filmstiftung NRW, die 1,2 Millionen Euro beisteuert. Im Frühjahr 2009 soll der Film in den Kinos anlaufen.