Europäischer Filmpreis wird in Tallinn verliehen

Berlin (dpa) - Wird Sibel Kekilli noch einen Preis für „Die Fremde“ bekommen? Und hat Fatih Akins Komödie „Soul Kitchen“ eine Chance im Rennen um den besten Film, bei dem sie gegen einen Oscar- und einen Berlinale-Gewinner antritt?

Am Samstagabend (4. Dezember) wird in Tallinn, der Hauptstadt von Estland, der 23. Europäische Filmpreis verliehen.

Roman Polanski ist mit seinem Thriller „Der Ghostwriter“ gleich in sieben Kategorien vertreten. Ebenfalls unter den Favoriten ist das Kriegsdrama „Lebanon“, das fast ausschließlich in einem Panzer spielt. Schauspieler Bruno Ganz (69, „Der Untergang“, „Brot & Tulpen“) wird für sein Lebenswerk geehrt.

Polanski, dem in den USA ein früheres Sexualdelikt vorgeworfen wird und ein Prozess droht, hat zwar Hausarrest und Fußfessel hinter sich - die Schweiz hatte im Sommer beschlossen, ihn nicht auszuliefern. Er wird aber nach Veranstalterangaben nicht bei der Filmpreis-Gala erwartet. Bei der Berlinale im Februar hatte Polanski für seine Bestsellerverfilmung einen Silbernen Bären als bester Regisseur bekommen. Gedreht wurde der Thriller nach dem Buch von Robert Harris unter anderem auf Sylt, im Film die amerikanische Ostküste.

Sibel Kekilli hat für ihre Rolle in Feo Aladags eindringlichem Ehrenmord-Drama „Die Fremde“, das in der Vorauswahl für eine Oscar- Nominierung ist, bereits den Deutschen Filmpreis gewonnen. Dort legte die 30-Jährige bei ihrer Dankesrede einen denkwürdigen Barfuß- Auftritt hin und bewarb sich bei den Filmschaffenden um weitere Rollen. Seit kurzem ermittelt sie im „Tatort“.

Beim Europäischen Filmpreis konkurriert Kekilli mit Zrinka Cvitesic („Zwischen uns das Paradies“), Lesley Manville („Another Year“), Sylvie Testud („Lourdes“) und Lotte Verbeek („Nothing Personal“). Bei den Männern geht „Ghostwriter“-Hauptdarsteller Ewan McGregor ins Rennen, ebenso Jakob Cedergren („Submarino“), Elio Germano („La nostra vita“), George Pistereanu („If I Want to Whistle, I Whistle“) und Luis Tosar („Cell 211“).

Der schon vielfach ausgezeichnete Akin (37) gewann 2004 mit „Gegen die Wand“ den Preis für den besten Film. Die Konkurrenz in der wichtigsten Kategorie ist stark: Anwärter sind der Venedig-Gewinner „Lebanon“ von Samuel Maoz (Israel), der argentinische Auslands-Oscar- Sieger „In ihren Augen“ von Juan José Campanella und das türkische Drama „Bal - Honig“. Damit hatte Semih Kaplanoglu den Goldenen Bären bei der Berlinale geholt. Auch der Film „Von Menschen und Göttern“ des Franzosen Xavier Beauvois steht auf der Nominierungsliste. In Cannes erhielt er den Großen Preis der Jury.

Berlinale-Chef Dieter Kosslick fiebert bei „Bal“ und dem „Ghostwriter“ mit, die erfolgreich auf seinem Festival liefen. „Denen drücke ich die Daumen“, sagt er. Den Preis gibt es seit 1988. Er wird in 17 Kategorien verliehen und soll die europäische Filmkultur stärken. Die Gala wird abwechselnd in Berlin und einer anderen Metropole ausgerichtet. 2009 gewann „Das weiße Band“ von Michael Haneke. Über die Sieger bei den Nominierten entscheiden die mehr als 2300 Mitglieder der Europäischen Filmakademie. Es gibt auch einen Publikumspreis.

Durch den Abend führen diesmal Comedystar Anke Engelke und ihr estnischer Kollege Märt Avandi. Im Internet wird die Verleihung live übertragen. Arte widmet dem europäischen Kino am Sonntagabend eine Fernseh-Hommage und zeigt Höhepunkte der Gala.