"Fair Game": Wenn Mama zur Agentin wird
Polit-Thriller: „Fair Game“ beleuchtet spannungsreich die Schmierenkomödie um den Irak-Krieg.
Düsseldorf. Es ist der infamste politische Betrug der jüngeren Zeitgeschichte: Als George W. Bush am 20. März 2003 in seiner Rede zur Lage der Nation auf vermeintliche Uranlieferungen an Saddam Hussein aus Afrika verweist, ist das der Startschuss für einen Krieg, der Tausende das Leben kostet und für die Region wie die Weltpolitik verheerende Auswirkungen hat.
Was man damals schon geahnt hat, wird wenige Jahre später zur Gewissheit: All die nuklearen und chemischen Waffen, die im vom Wirtschaftsembargo gebeutelten Irak angeblich produziert wurden, hat es nie gegeben. Viele in der Regierung, im Pentagon und in der CIA glaubten, dass die Beweise gefälscht waren, einer wusste es ganz genau: Joe Wilson.
Denn die CIA hatte ihn als Sachverständigen nach Niger geschickt, und sein Gutachten hatte ausgeschlossen, dass waffenfähiges Uran von dort an den Irak geliefert wurde. Wilson ging mit der Erkenntnis an die Öffentlichkeit, dass der Grund für den Krieg nur vorgeschoben war.
Fortan wird er als Nestbeschmutzer aus den eigenen Reihen angefeindet, vom Pentagon mit einer Schmutzkampagne überzogen, seine Frau Valerie Plame als langjährige CIA-Agentin enttarnt und fallen gelassen - das bedeutet Lebensgefahr für sie und ihre Informanten.
Regisseur Doug Liman, Sohn eines Anklägers in der Iran-Contra-Affäre unter Ronald Reagan, hat sich mit "Bourne Identity" (2002) und "Mr. & Mrs. Smith" (2005) längst als Spezialist für Agenten-Filme profiliert. Den wahren Fall von "Plamegate" rollt er in seinem hochspannenden Politthriller "Fair Game" auf und blickt mit seiner Hauptfigur Valerie (Naomi Watts) hinter die Kulissen des CIA.
Der Geheimdienst sucht seit dem 9. September 2001 fieberhaft nach Drahtziehern und Lieferanten terroristischer Netzwerke. Valerie führt nach außen hin ein unspektakuläres Privatleben. Sie wohnt mit Joe und ihren zwei Kindern in einem Eigenheim in Washington, außer ihrem Mann und den Eltern weiß niemand von ihrem eigentlichen Beruf.
Wenn abends die Freunde zum Essen kommen und am Tisch über Politik diskutiert wird, pressen Joe und Valerie die Lippen zusammen. Dann und wann verschwindet sie allerdings bei Nacht und Nebel, um an irgendeinem Krisenherd im Nahen Osten die Interessen der Vereinigten Staaten zu sichern.
Entlang der Fakten entwickelt Doug Liman einen intelligenten Politthriller, der in nüchterner Diktion die politischen Machtstrukturen aufdeckt und gleichzeitig einen präzisen Blick auf das private Leben einer Geheimagentin wirft, das so gar nichts mit den neckischen James-Bond-Klischees zu tun hat. Der Film führt den Zuschauern in schnellen Schnitten und mit einer unruhigen Kamera an graue, sterile Orte, an denen sich kein Mensch zuhause fühlen darf.
Naomi Watts spielt die Agentin, die in einem Geflecht aus notwendigen Lügen und politischen Intrigen ihre eigene Integrität zu bewahren versucht, mit genau der richtigen Mischung aus Stärke und Verletzbarkeit. Sean Penn, auch im echten Leben politisch engagiert, überzeugt als cool zerknautschter Ehemann.
Einzig in der Schlussgeraden verfällt "Fair Game" doch noch ins Pathos und formuliert sein Plädoyer für Zivilcourage und einen demokratischen Patriotismus allzu deutlich aus.
WZ-Wertung: 4 von 5 Punkten