„Fast verheiratet“: Bis dass der Ring uns bindet
In „Fast verheiratet“ verzögert sich für Jason Segel und Emily Blunt die Verlobungszeit ins Unendliche. Eine gute Idee, leider vermurkst.
Düsseldorf. Nichts hält so lange wie ein Provisorium, heißt es gemeinhin. Das Wesentliche ist getan, es passt, wackelt und hat Luft — also wozu eine Feinjustierung vornehmen, wenn es so viel Wichtigeres zu tun gibt? Im Leben des bis zum Sous-Chef aufgestiegenen Kochs Tom (Jason Segel) und Psychologiestudentin Violet (Emily Blunt) heißt das Provisorium Beziehung. Alles klappt fantastisch: Sie teilen bodenständige Ansichten, haben den gleichen schrägen Humor, harmonieren im Bett, selbst ihre Familien kommen gut miteinander zurecht. Bis Tom eines Abends die Frage aller Fragen stellt, die aus dem Provisorium eine feste Institution machen soll. Violet ist begeistert. Und das Unheil nimmt seinen Lauf.
Die Grundidee von „Fast verheiratet“ ist gut: Normalerweise überbieten sich in romantischen Komödien die Pärchen nach dem Antrag in Sozialneurosen und Endzeitstimmung, suchen Ausflüchte und stoßen Hörner ab. Tom und Violet hingegen können den Tag, an dem sie endlich vor den Altar treten, nicht abwarten und treffen erste Vorbereitungen. Die Gefahr, die Ventil für das komische Potenzial der Story sein soll, lauert an anderer Stelle. Immer neue Fallstricke machen aus dem ausgefeilten Masterplan des Traumpaares eine Streichliste, mühsam zusammengehalten durch Kompromisse.
Zuerst schwängert der Trauzeuge auf der Verlobungsfeier die Schwester der Braut. Großmütig vertagen Tom und Violet ihren Trautermin, um den unerwarteten Eltern in spe eine schnelle Heirat zu ermöglichen. Wenig später erhält Violet das Angebot, an einem Doktoranden-Programm teilzunehmen.
Die eigentlich gute Nachricht sorgt für massenhaft Wermutstropfen: Die Uni liegt in der tiefsten Provinz, das Projekt dauert zwei Jahre und erfordert ständige Präsenz. Zwei Jahre? Ein Klacks, denkt sich Tom — und kündigt seine Stelle als Sous-Chef, um seiner Zukünftigen den Karriereschritt zu ermöglichen. Beim Abschiedsgespräch verrät ihm seine Chefin, dass sie ihn zum Nachfolger machen wollte. Erste Zweifel keimen in Tom auf.
Schon mit „Nie wieder Sex mit der Ex“ (2008) hat Regisseur und Autor Nicholas Stoller einen genauso fiesen wie liebevollen Film über die vielen alltäglichen Unwägbarkeiten gedreht, die eine Beziehung zum Minenfeld machen. „Fast verheiratet“ steht mit seiner originellen Ausgangssituation und dem typisch lakonischen Unterton der Komödienschmiede von Produzent Judd Apatow („Beim ersten Mal“) in der gleichen Tradition.
Aber Stoller vergreift sich in den meisten Szenen immer leicht im Ton, sodass statt gellendem Gelächter nur ein müdes Lächeln bleibt. Bei der Verlobungsfeier trägt der Trauzeuge die Namen von Toms Verflossenen im Stil von Billy Joels „We Didn’t Start The Fire“ vor. Die Nichte schießt Violet mit einer Armbrust in den Oberschenkel. Und eine alkoholgetränkte Frustnummer mit der Arbeitskollegin endet für Tom mit einem abgefrorenen Zeh.
Normalerweise funktionieren diese Absurditäten bei Apatow. Man denke nur an die irrwitzige Dünnpfiff-Szene aus „Brautalarm“. Bei „Fast verheiratet“ will aber irgendwie nichts so recht passen — was vor allem wegen Segel und Blunt, zwei der zurzeit besten Komiker Hollywoods, schade ist. Ihre natürliche Ausstrahlung bewahrt die bemühte Nummernshow der Abwegigkeiten immerhin davor, ein einziger Rohrkrepierer zu sein.