Golden Globes Fatih Akin greift nach der goldenen Weltkugel
Los Angeles (dpa) - Mit dem eindringlichen NSU-Drama „Aus dem Nichts“ hat Fatih Akin (44) seine erste Golden-Globe-Nominierung geholt.
Falls der gebürtige Hamburger Regisseur und Sohn türkischer Einwanderer im Januar tatsächlich die Goldene Weltkugel gewinnt, wäre das der erste Globe seit 2010, der für den besten nicht-englischsprachigen Film nach Deutschland geht. Damals wurde Michael Hanekes Drama „Das weiße Band“ groß gefeiert.
Vor einem Jahr war „Toni Erdmann“ im Rennen, die Tragikomödie von Maren Ade ging bei der Verleihung in Beverly Hills aber leer aus. „Aus dem Nichts“ ist diesmal auch der deutsche Oscar-Kandidat. Der Thriller erzählt von einem Anschlag, bei dem ein Kurde und dessen Sohn ums Leben kommen. Für ihre Rolle als Ehefrau hat Diane Kruger bereits den Darstellerpreis der Filmfestspiele von Cannes gewonnen.
Akin sagte, er sei dankbar, glücklich und erleichtert. „Ich fühle mich sehr geehrt, weil ich noch nie mit einem Film so weit gekommen bin.“ Dass gerade eine so persönliche Arbeit die Chance auf die Auszeichnung habe, freue ihn besonders.
Die meisten Nominierungen räumte am Montag die berührende Liebesgeschichte „Shape of Water — Das Flüstern des Wassers“ ab. Sieben Gewinnchancen hat das Fantasy-Märchen des Mexikaners Guillermo del Toro mit Sally Hawkins als stumme Putzfrau in einem Forschungslabor. Neben „Shape of Water“ gehen in der Top-Sparte „Bestes Drama“ auch Steven Spielbergs Politfilm „Die Verlegerin“, der Krimi „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“, das Kriegsdrama „Dunkirk“ und der Liebesfilm „Call Me By Your Name“ über die Affäre zweier junger Männer in den 80er Jahren in Italien ins Rennen.
In einer Zeit, in der Missbrauch, Sexismus und Macho-Kultur die Schlagzeilen in Hollywood bestimmen, kommt es wohl besser an, Filme mit positiver Botschaft oder starken Frauenrollen zu nominieren.
Ein starker Auftritt in der Rolle der Power-Frau Katharine Graham, Herausgeberin der „Washington Post“, brachte der dreifachen Oscar- und achtfachen Golden-Globe-Gewinnerin Meryl Streep (68) ihre 31. Globe-Nominierung ein. In Spielbergs Politfilm „The Post“ („Die Verlegerin“) - insgesamt für sechs Golden Globes nominiert - spielt sie die Medienfrau Graham, die an der brisanten Veröffentlichung der geheimen „Pentagon-Papiere“ beteiligt war. Dies öffnete 1971 der US-Öffentlichkeit die Augen für den Krieg in Vietnam und stärkte in einem Gerichtsprozess die Pressefreiheit.
Vielleicht wird Streep bei der nächsten Globe-Gala wieder für einen denkwürdigen Auftritt sorgen. Im vorigen Januar, beim Empfang eines Ehrenpreises fürs Lebenswerk, hatte sie Donald Trump in einer Rede attackiert: „Wenn die Mächtigen ihre Position benutzen, um andere zu tyrannisieren, dann verlieren wir alle.“
Redestoff gibt es nach der Weinstein-Affäre auf der Gala-Bühne mehr als genug. Der rasante Absturz des einst mächtigen Film-Moguls Harvey Weinstein nach zahlreichen Vorwürfen sexuellen Missbrauchs platzt mitten in die Trophäen-Saison. Normalerweise würde Weinstein jetzt die Werbekampagnen für Preisanwärter ankurbeln, nun ist er in Hollywood die Persona non grata schlechthin. Und mit ihm auch andere Stars, deren Karrieren nach Vorwürfen und Skandalen einbrechen.
So musste auch Golden-Globe-Preisträger Kevin Spacey in diesem Jahr Hoffnungen auf eine Nominierung für den Film „Alles Geld der Welt“ begraben. Spacey, der in dem Entführungsdrama den Ölmilliardär Jean Paul Getty spielte, wurde durch Christopher Plummer (87) ersetzt. Regisseur Ridley Scott schnitt kurzfristig alle Szenen mit Spacey aus dem bereits fertigen Film heraus, nachdem Vorwürfe sexueller Belästigung gegen den „House of Cards“-Star bekanntgeworden waren.
Das würdigten die Globe-Juroren nun mit drei Nominierungen - für Plummer als bester Nebendarsteller, Regisseur Scott und Michelle Williams in einer Drama-Hauptrolle. Mit Scott konkurrieren vier Männer um den Regie-Globe, darunter Steven Spielberg und Guillermo del Toro. Für Regisseurinnen wie die von Kritikern gefeierte Greta Gerwig war wieder kein Platz in Hollywoods Männerdomäne.
Doch die Schauspielerin Gerwig (34, „Jahrhundertfrauen“), die bei dem Independent-Film „Lady Bird“ ihr Solo-Regiedebüt gab, kann sich über vier Nominierungen für die witzige Coming-of-Age-Geschichte freuen: als beste Komödie, für Gerwigs Drehbuch, für Saoirse Ronan (23) als rebellische Schülerin und Laurie Metcalf (62) als genervte Mutter.
Über die Goldene Weltkugel entscheidet eine kleine Gruppe alteingesessener Auslandsjournalisten (Hollywood Foreign Press Association), weniger als hundert Kritiker, die kaum jemand kennt. Dennoch sind die Globes oft ein Stimmungsbarometer für die Oscars, die von mehr als 8000 Mitgliedern der renommierten Academy of Motion Picture Arts and Sciences Anfang März verliehen werden.
Der deutsche Oscar-Preisträger Hans Zimmer (60) kommt gewöhnlich bei beiden Gremien gut an. Zum 13. Mal ist der aus Frankfurt stammende Star-Komponist - diesmal mit seiner Komposition für Christopher Nolans Kriegsdrama „Dunkirk“ - in der Sparte „Beste Filmmusik“ nominiert. Zwei Globes hat er schon: 1995 für „König der Löwen“, 2001 für „Gladiator“.
Es sei eine „Ehre“ gewesen, mit Nolan zu arbeiten, sagte Zimmer am Montag. Sie hätten ihr Bestes versucht, die Grenzen zwischen Musik und Vision verschwimmen zu lassen, so dass die Zuschauer in den Film eintauchen könnten.
Die Globe-Verleihung im Hotel Beverly Hilton hat den Ruf als fröhlichste Preisgala Hollywoods. Schon während der Live-Show fließt reichlich Champagner. Weniger witzig könnte es allerdings für Donald Trump werden. 2018 steht erstmals der Komiker Seth Meyers als Gastgeber auf der Bühne. In seiner Show „Late Night with Seth Meyers“ macht sich der 43-Jährige gerne über den US-Präsidenten lustig.