„First Man“ auf dem Lido Filmfest Venedig startet: Gosling als Weltraumpionier

Venedig (dpa) - Mehr als 100 Jahre lang galt das Nobelhotel Grand Hotel des Bains als eine der besten Adressen auf dem Lido. Nicht nur Thomas Mann machte es mit „Der Tod in Venedig“ berühmt, auch während der Filmfestspiele besuchten es unzählige Stars.

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2010 allerdings wurde es geschlossen und stand nach gescheiterten Umbauplänen leer - bis jetzt. Für das 75. Filmfest wurde das legendäre Haus nun wieder eröffnet, zumindest teilweise.

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Im Erdgeschoss können sich Besucher eine Ausstellung zur Festivalgeschichte anschauen. Fotos und Filmausschnitte erzählen von Regisseuren und Werken, die hier bereits gefeiert wurden. Wer von dieser 75. Festivalausgabe in Erinnerung bleiben wird, ist natürlich noch unklar. Doch schon der Eröffnungsfilm am Mittwoch machte Hoffnungen auf einen starken Wettbewerb: „First Man“.

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Nach dem oscarprämierten Musical „La La Land“ arbeitete der 33-jährige Regisseur Damien Chazelle dafür erneut mit Ryan Gosling zusammen. Der spielt den Weltraumpionier Neil Armstrong, der im Juli 1969 als erster Mensch den Mond betrat. „First Man“ fokussiert auf den langen Weg von Armstrong und all den Wissenschaftlern, die diesen Meilenstein ermöglichten. Dabei schaut der Film aber auch auf Armstrongs Privatleben, wie er seine kleine Tochter verlor und wie die Risiken des Weltraumprogramms zu Spannungen in seiner Ehe führten.

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Man kann nur ahnen, wie ein anderer Regisseur diese Geschichte zu einem patriotischen Heldenwerk aufgebläht hätte. Chazelle aber vermeidet genau das. Entsprechend ist bei ihm der erste Moment auf dem Mond eher still. Da wird auch keine US-Fahne zu laut dröhnender Musik in den Boden gerammt.

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Stattdessen deutet Chazelle die Herausforderungen und Gefahren subtil an. Wie die Astronauten beim Start wild hin- und hergeschleudert werden, wie jede Schraube durch den Druck fast herauszufliegen droht. Auch politische und gesellschaftliche Kritik klingt an: Warum muss so viel Geld für den Wettlauf zum Mond ausgegeben werden, wenn es in den USA doch Armut und soziale Missstände gibt, gerade für Afroamerikaner?

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„Ich glaube nicht, dass Neil sich als amerikanischen Helden sah“, erklärte Gosling die Herangehensweise. Er habe bei seinen Recherchen jedenfalls nie diesen Eindruck bekommen. „Ich glaube, dass dies vor allem als Meilenstein der Menschheit angesehen wurde.“ Für ihn seien Astronauten wie Armstrong auch besondere Menschen, „die zu einer anderen Art gehören“.

„First Man“ ist damit der erste Beitrag, der ins Rennen um den Goldenen Löwen des Festivals geht. 20 weitere werden in den kommenden Tagen folgen. Nur einer stammt von einer Frau - was im Vorfeld kritisiert wurde. Auch Jurypräsident Guillermo del Toro sprach sich vor der Eröffnung am Abend für eine absolute Chancengleichheit von Männern und Frauen im Filmgeschäft aus: „Das Ziel muss klar sein: Bis zum Jahr 2020 muss das Verhältnis bei 50:50 liegen“, forderte der Mexikaner.

Die geringe Anzahl von Frauen hinter der Kamera, in der Produktion und anderen Bereichen sei „ein reales Problem, in der Kultur insgesamt“. Das Problem müsse in allen Bereichen gelöst werden. „Das darf nicht nur eine Geste sein, es ist eine Notwendigkeit.“

Bei der Vergabe der Preise am 8. September werden solche Diskussionen aber wohl keine Rolle spielen. Del Toro betonte, dass ihn auch die Debatte um Produktionen des Streamingdienstes Netflix nicht interessiere. „Ich finde, die Filme müssen mit dem beurteilt werden, was sie auf der Leinwand zeigen“, sagte der Oscarpreisträger („Shape of Water“). Der Rest sei eine andere Debatte. Die Aufgabe der Jury sei auf jeden Fall „eine sehr ernste“. „Ich hoffe wirklich, dass ich überrascht werde und etwas entdecke.“