Filmpreis: „Wow, was kriegen wir hier für Sätze gesagt“
München (dpa) - Wenn Preisträger auf der Bühne stehen, dann sagen sie vor allem eins: danke. Danke dem Regisseur, danke dem Autor und danke dem Agenten. Danke den Eltern und den Freunden. Beim 37. Bayerischen Filmpreis wird diese Routine immer wieder durchbrochen.
Mehrere Preisträger beziehen in München Stellung zur aktuellen Flüchtlingspolitik. Zum Teil so deutlich, dass Moderator Christoph Süß beeindruckt ist: „Wow, was kriegen wir heute für Sätze gesagt.“
Gekommen ist wieder eine ganze Schar an Stars und Sternchen. Til Schweiger geht bei Temperaturen um den Gefrierpunkt kurz vor knapp über den roten Teppich, Model Barbara Meier, „Fack ju Göhte“-Star Elyas M'Barek und Regisseur Dieter Wedel sind etwas früher dran.
Der Filmpreis wird seit 1979 auf Vorschlag einer unabhängigen Jury vergeben. Die Bayerische Staatsregierung vergibt Preisgelder von insgesamt bis zu 310 000 Euro. Preissymbol ist die Porzellan-Figur „Pierrot“. Der Hauptpreis, der den besten Produzenten ehrt und mit 200 000 Euro dotiert ist, geht in diesem Jahr an den historischen Thriller „Colonia Dignidad“ mit Daniel Brühl und Emma Watson.
Der Film über die Verstrickung der Sekte Colonia Dignidad mit der chilenischen Militärdiktatur setze ein Mahnmal gegen totalitäre Systeme, sexuellen Missbrauch sowie Infiltrierung und Unterdrückung, begründete die Jury ihre Entscheidung. Preisträger sind Benjamin Herrmann und Christian Becker, die den von Florian Gallenberger inszenierten Streifen produziert haben und sich artig bei allen Förderern bedanken.
Moderator Süß meint mit seinem „Wow“ jedoch andere Sätze. Sätze wie jenen von Rosalie Thomass, die für ihre Rolle in Doris Dörries „Grüße aus Fukushima“ als beste Darstellerin geehrt wird. Auch in diesem Jahr kämen wieder viele Flüchtlinge, sagt Thomass. Wir sollten ihnen „mit offenem Herzen und wachem Verstand begegnen“. Lauter Applaus.
Noch deutlicher werden Burhan Qurbani und Martin Behnke, die den Preis für das beste Drehbuch („Wir sind jung. Wir sind stark.“) bekommen. Der Film handelt von den Ausschreitungen vor der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber in Rostock-Lichtenhagen 1992. Eigentlich hätte es eine Geschichte gegen das Vergessen werden sollen. „Leider müssen wir feststellen, dass die Dinge, die 1992 passiert sind, sich wiederholen“, sagte Behnke.
Zu den Preisträgern gehören auch Kai Wessel (Regie) für sein Drama „Nebel im August“ und Burghart Klaußner für seine Rolle in „Der Staat gegen Fritz Bauer“. Als hessischer Generalstaatsanwalt will er die Untaten von führenden NS-Verbrechern aufklären. Viel Lob auf großer Bühne gibt es es auch für den Kassenschlager „Fack ju Göhte 2“. Das Schüler-Ensemble des Films bekommt den Preis für die besten Nachwuchsdarsteller, der Publikumspreis geht an Til Schweigers Demenz-Film „Honig im Kopf“. Schweiger: „Ich bin echt überrascht, weil ich hab ehrlich gedacht, dass „Fack Ju Göhte 2“ gewinnt.“
Eine Preisträgerin stand schon vor der Gala fest: Die Filmproduzentin Molly von Fürstenberg erhält den undotierten Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten. Von Fürstenberg, die Filme wie „Männer“, „Kirschblüten - Hanami“ und zuletzt „Grüße aus Fukushima“ produziert hat, präge den deutschen Film seit mehr als 40 Jahren und habe „maßgeblich zum Erfolg des neuen Deutschen Kinos in den 90er Jahren beigetragen“, sagte Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU).
Von Fürstenberg blieb nicht viel mehr, als danke zu sagen. Und: „Es sieht so aus, als ob „Grüße aus Fukushima“ mein letzter Film sein wird. Aber vielleicht gelingt mir ja noch einer.“