Nominierungen Frauenpower und bunte Vielfalt bei den Oscars

Los Angeles (dpa) - Es wird dieses Mal wohl nicht die Show der weißen Männer werden: Frauen und Afroamerikaner waren in der langen Oscar-Geschichte zwar oft übergangen worden. Doch das 90. Jubiläum von Hollywoods wichtigstem Filmpreis wird mit Frauenpower, Vielfalt und einem fantasievollen Märchen gefeiert, in dem gesellschaftliche Außenseiter eine berührende Liebe vorleben.

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In „Shape of Water — Das Flüstern des Wassers“ verliebt sich eine stumme Putzfrau in einem Forschungslabor in ein gefangenes Wasserwesen. Das Zauberwerk des Mexikaners Guillermo del Toro wurde am Dienstag von der Oscar-Akademie mit 13 Nominierungen gekrönt, darunter für den besten Film, die beste Regie und Hauptdarstellerin Sally Hawkins.

Überhaupt können Frauen, die im Zuge der #MeToo-Bewegung und beim Ruf nach Gleichstellung derzeit in Hollywood im Fokus stehen, bei der Preisgala am 4. März Oscar-Geschichte schreiben. So ist die Amerikanerin Rachel Morrison die erste Frau, die jemals in der Sparte „Beste Kamera“ nominiert wurde. „Wir sind nicht mehr zu stoppen“, jubelte die 39-Jährige im Interview mit dem „Hollywood Reporter“. Gefilmt hatte sie das Südstaatendrama „Mudbound“, unter der Regie der Filmemacherin Dee Rees.

Auch die Regie-Sparte bei den Oscars ist diesmal keine reine Männersache. Die US-Schauspielerin Greta Gerwig (34), die bei der Tragikomödie „Lady Bird“ über eine rebellische Studentin Regie führte, geht als erst fünfte Frau für einen Regie-Oscar ins Rennen. Bislang ist Kathryn Bigelow Hollywoods einzige Oscar-prämierte Regisseurin; 2010 triumphierte sie mit dem Low-Budget-Film „Tödliches Kommando - The Hurt Locker“. Vor ihr wurden erst drei Frauen für die Regie-Trophäe nominiert: Sofia Coppola („Lost in Translation“, 2003), Jane Campion („Das Piano“, 1993) und Lina Wertmüller mit „Sieben Schönheiten“ (1975).

Um den Regie-Preis kämpft auch Hollywoods neues Wunderkind Jordan Peele. Das 38-jährige afroamerikanische Multitalent hat mit dem Horror-Film „Get Out“ gleich vier Gewinnchancen, darunter als Produzent des besten Films und als Drehbuchautor. Es ist auch die erste Oscar-Nominierung für seinen schwarzen Hauptdarsteller Daniel Kaluuya (28). Der trifft in der Sparte „Bester Schauspieler“ unter anderem auf Denzel Washington, Gary Oldman (als Winston Churchill) und den dreifachen Oscar-Preisträger Daniel Day-Lewis.

Eine Welle der Empörung über die „weißen“ Oscars wird es in diesem Jahr also wohl nicht geben. Noch vor zwei Jahren stand mit dem Twitter-Hashtag #OscarsSoWhite die mangelnde Vielfalt der Nominierten am Pranger - 2015 und 2016 hatten es keine Schwarzen in die vier begehrten Schauspielerkategorien geschafft. Um den besten Nebenrollen-Oscar konkurrieren diesmal gleich zwei Afroamerikanerinnen, Octavia Spencer für „Shape of Water“ und die Sängerin-Schauspielerin Mary J.Blige für „Mudbound“.

Meryl Streep, im vorigen Jahr von US-Präsident Donald Trump als eine „der überbewertesten Schauspielerinnen in Hollywood“ attackiert, überbot unterdessen erneut ihren Nominierungs-Rekord. Die dreifache Oscar-Preisträgerin („Die Eiserne Lady“) verdankt die 21. Nominierung ihrem starken Auftritt in der Rolle der Power-Frau Katharine Graham, Herausgeberin der „Washington Post“. In Steven Spielbergs Politfilm „The Post“ („Die Verlegerin“) spielt Streep die Medienfrau Graham, die 1971 an der brisanten Veröffentlichung der geheimen „Pentagon-Papiere“ beteiligt war.

Hollywood setzt allerdings auf einen Sieg von Frances McDormand als beste Schauspielerin in „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“. Für ihre Rolle als kämpferische Mutter, die endlich den Mord an ihrer Tochter aufgeklärt haben will und dabei auf Polizeiwillkür und Rassismus stößt, hatte die Amerikanerin bereits den Golden Globe gewonnen. Die Tragikomödie von Martin McDonagh ist siebenfach nominiert, auch als bester Film.

Die deutsche Schauspielerin Diane Kruger hat dagegen keine Chance, an der Seite von Regisseur Fatih Akin auf der Oscar-Bühne zu triumphieren. Bei den Golden Globes Anfang Januar hatten sie zusammen die Trophäe für den besten nicht-englischsprachigen Film in Empfang genommen. Überraschenderweise schaffte es Akins NSU-Drama „Aus dem Nichts“ nun aber nicht in die Oscar-Endrunde.

Doch Deutschland kann bei der Preis-Gala mehrfach mitzittern. Die Regisseurin Katja Benrath schaffte es mit „Watu Wote/All Of Us“ in die Kategorie „Live-Action-Kurzfilm“, Jakob Schuh und Jan Lachauer mit ihrem Zeichentrickfilm „Revolting Rhymes“ („Es war einmal...nach Roald Dahl“) in die Sparte „Animierter Kurzfilm“. Und Star-Komponist Hans Zimmer holte mit der Filmmusik für Christopher Nolans Kriegsdrama „Dunkirk“ seine elfte Nominierung.

Mitzittern werden wahrscheinlich auch die Oscar-Verleiher, dass diesmal am Ende nichts schief geht. Immerhin endete die vorige Oscar-Verleihung mit einer Verwechslung der Umschläge im Chaos. Das Team des Musicals „La La Land“ stand bereits jubelnd auf der Bühne und feierte seinen Oscar für den besten Film. Doch dann wurde klar: Nicht „La La Land“, sondern das Schwarzen-Drama „Moonlight“ gewann den wichtigsten Preis des Abends - mal abwarten, welche Überraschungen die 90. Oscar-Show bereithält.