Gerecht verteilt
Es ist gar nicht mehr so schwer, einen Oscar zu bekommen. Die Filmindustrie kriselt vor sich hin, weil ihr die sinkende Zahl der Kinogänger und die steigende Zahl der Raubkopien das Geschäft schwer machen.
Deshalb produzieren die US-Studios deutlich weniger Filme als früher: 2006 waren es 204, im Jahr 2011 nur noch 141.
Sie meiden Risiken, setzen lieber auf Fortsetzungen eingeführter Merchandising-Marken wie „Batman“ und „Mission: Impossible“ sowie familientaugliche Animation statt auf neue Geschichten und Erzählweisen. Funktioniert ja auch: „Stirb langsam 5“ läuft prima. Da bleiben von einem Filmjahrgang gar nicht mehr so viele übrig, die etwas Neues, Aufregendes zu bieten haben — und in die Nähe eines Oscars geraten könnten.
So weit jedenfalls das Rechenexempel. Doch vor die Berechenbarkeit haben die Kinogötter die 6000 Mitglieder der Filmakademie gesetzt. Sie sind immer für Überraschungen gut, wie Steven Spielberg leidvoll erfuhr, der mit zwölf Nominierungen für „Lincoln“ als Favorit in den Abend gestartet war und mit gerade mal zwei Preisen daraus hervorging.
Ungewohnt viele ernsthafte und politische Filme waren in diesem Jahr nominiert — „Lincoln“, „Argo“, „Zero Dark Thirty“ und „Django Unchained“. Doch die Academy hat keinen von ihnen mit einem Preisregen herausgehoben — erfreulicherweise nicht einmal den mit patriotischem Pathos durchtränkten „Lincoln“. Sie verteilte ihre Gunst stattdessen gleichmäßig. Gießkannen-Prinzip mäkeln die einen. Gerechte Anerkennung vieler ganz unterschiedlicher guter Leistungen kann man das auch nennen.