Glamourös und bodenständig
Senta Berger, die Grande Dame des deutschen Fernsehens, wird am Freitag 70 Jahre alt.
München. Senta Berger im Dirndl, das gab’s nicht oft. Die Rolle der Mona Mödlinger, Freundin des Klatsch-Reporters Baby Schimmerlos in „Kir Royal“, das war so eine, die der gebürtigen Wienerin das Tragen der Bayern-Tracht manchmal abverlangte. Jetzt ist es wieder soweit: Helmut Dietl dreht zurzeit „Zettl“, eine Kino-Fortsetzung der Kult-Serie. Senta Berger ist wieder die Mona. Eine „marginale Rolle“ nur, aber eine schöne Reminiszenz.
Am Freitag wird Senta Berger, diese ausgesprochen vitale Film-Ikone, 70 Jahre alt. Neu erfinden muss sie niemand mehr, und das Dirndl, da darf man sicher sein, steht ihr immer noch. Wenn eine Schauspielerin alterslose Schönheit symbolisiert, dann ist es die zweifache Mutter und Großmutter Berger.
Zuletzt regnete es Auszeichnungen für ihre Darstellung von Frauen, die sich in fortgeschrittenem Alter nicht beugen, die nach unschuldig verbüßter Haftstrafe um Gerechtigkeit kämpfen wie die Carla Sagmeister in „Schlaflos“ (Deutscher Fernsehpreis). Oder die in ihrer Firma gegen die neuen Herren plötzlich quer schießen wie in „Frau Böhm sagt Nein“ (Grimme-Preis).
An ihrem Geburtstag ist sie wieder als Kriminalrätin Dr. Eva Prohaczek in der seit 2002 ausgestrahlten Krimireihe „Unter Verdacht“ (Arte, 20.15 Uhr) zu sehen. Um sie herum kreisen zwei Männer, ihr Vorgesetzter Dr. Reiter (Gerd Anthoff), der immer selbst in die Fälle verwickelt zu sein scheint, und ihr Mitarbeiter Langner (Rudolf Krause), ein komischer Beamten-Kauz. Es ist der zurzeit flotteste Krimi-Dreier, weil hier mit immer noch frischem Witz die bayerische Spezlwirtschaft aufgespießt wird, die Korruption und ihr moralischer Abgrund.
Eine schöne Parallele ergibt sich da zu „Kir Royal“: Auch diese in der Münchner Schickeria angesiedelte Fernseh-Satire war ein bayerisches Gesellschaftspanorama. Die Österreicherin Berger, die Ende der 1960er Jahre ihr Hollywood-Abenteuer abbrach und sich auch der Liebe zu Michael Verhoven wegen für München entschied, macht sich um eine Art kultureller Reinigung ihrer Wahl-Heimat verdient.
Das profane Fernsehen hat nicht nur Bergers Popularität in den 1980er Jahren wiederbelebt, es hat ihr prägende Rollen geboten. Rollen wie „Die schnelle Gerdi“: Die Taxifahrerin, die sich 1989 in der ARD-Serie durch den Münchner Alltag boxte, ist eine von Bergers erklärten Lieblings-Figuren. Längst vorbei waren da die Zeiten des bildhübschen Wiener Vorstadtmädchens an der Seite von Stars wie Kirk Douglas und Charlton Heston.
Auch politisch hielt sich die Berger nicht zurück. Sie gehörte zu den Frauen, die auf dem „Stern“-Titelbild 1971 bekannten: „Wir haben abgetrieben!“. Sie demonstrierte gegen Atomkraft, die Nachrüstung und die Asylgesetze.
Spät entdeckt das deutschsprachige Kino die Berger als Charakterdarstellerin. Das Fernsehen aber ist der richtige Ort, um sie zu feiern: Das Erste zeigt am Freitag ab 23.30 Uhr drei Filme aus den 1960er Jahren. Arte hat einen kleinen Programmschwerpunkt aufgelegt. Nur die Serie „Kir Royal“, die noch im vergangenen Jahr bei 3sat wiederholt worden war, bleibt im Schrank. Leider.