„Im Reich der Sinne“-Regisseur Oshima gestorben

Tokio (dpa) - Sex, Verbrechen und Gewalt - mit diesen Themen sorgte der japanische Regisseur Nagisa Oshima weltweit für Aufsehen.

Sein Skandalfilm „Im Reich der Sinne“ wurde 1976 auf der Berlinale wegen Pornografie-Verdachts beschlagnahmt. Am Dienstag ist Japans führender Vertreter der „Nouvelle Vague“ im Alter von 80 Jahren einer Lungenentzündung erlegen, wie japanische Medien berichteten. Er starb in einem Krankenhaus seines Wohnortes Fujisawa nahe Tokio. Seinen letzten Film „Tabu“ („Gohatto“ - Die Vergessenen), in dem es um Homosexualität unter Samurai geht, hatte Oshima 1999 nach 13 Jahren Regie-Pause im Rollstuhl gedreht.

International wurde Oshima durch „Im Reich der Sinne“ (1976) und „Im Reich der Leidenschaft“ (1978) bekannt. In dem Film „Im Reich der Sinne“ geht es um ein Paar, das sexuelle Obsessionen bis hin zu Kastration und Mord beim Geschlechtsverkehr auslebt. Die Frau tötet schließlich ihren Partner und schneidet ihm den Penis ab, den sie dann im Kimono mit sich herumträgt. Auf der Berlinale 1976 beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft den Film wegen des Verdachts auf Pornografie. Erst zwei Jahre später war er in deutschen Kinos zu sehen. Norwegen gab ihn erst 25 Jahre später für die Zuschauer frei.

Für „Im Reich der Leidenschaft“ erhielt Oshima den Regiepreis der Filmfestspiele von Cannes. Die beiden Werke machten ihn endgültig als Japans Hauptvertreter der „Nouvelle Vague“ (Neuen Welle) berühmt und brachten ihm im Ausland großes Lob ein. In Japan dagegen musste der innovative Filmemacher jahrelang gegen die Zensur ankämpfen. In seinen Filmen stellte der in Kyoto geborene Regisseur schonungslos und in sehr offenen Bildern Liebe, Sex und Tod dar und thematisierte die Unfähigkeit, einen Menschen mit jemand anderem zu teilen.

Seine nächsten Filme - die japanisch-britische Co-Produktion „Merry Christmas, Mr. Lawrence“ (1983) mit David Bowie und der französische Film „Max, mon amour“ (1986) - schafften es nicht, Oshimas Image aus den 70er Jahren zu verändern. Er galt in seiner Heimat als antiautoritär und wollte mit seinen Filmen die eigene Gesellschaft stets provozieren, wie heimische Kommentatoren schrieben. Im Jahr 1999 drehte der Absolvent der Kyoto Universität, der mit 22 Jahren seine Ausbildung zum Regisseur begonnen hatte, mit „Gohatto“ erstmals nach 20 Jahren wieder einen Film, der in seiner Heimat spielt.

Vor der Mejii-Zeit im 19. Jahrhundert handelt er von der Shinsengumi, einer Truppe herrenloser Samurais, die einen Konflikt zwischen kaisertreuen Isolationisten und Befürwortern der Modernisierung niederschlagen sollen. Diese Samurai haben einen straffen Ehrenkodex. Als der bildhübsche Rekrut Sozaburo Kanozu zu ihnen stößt, entbrennen mehrere Ranghöhere in Leidenschaft für ihn. Bald regieren Eifersucht und nackte Gewalt.

„Gohatto“ wurde Oshimas letzter Film. Laut japanischen Medienberichten soll er an einem weiteren Werk gearbeitet haben, das er jedoch nicht mehr fertigstellen konnte.