Jagd auf den Goldenen Leoparden in Locarno

Locarno (dpa) — Die iranisch-deutsche Ko-Produktion „Paradise“ geht als einer der Favoriten in das Rennen um den Goldenen Leoparden von Locarno.

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Am Samstag (15.8.) gibt die Jury des schweizerischen Filmfestes, der auch der deutsche Schauspieler Udo Kier angehört, ihre Entscheidungen bekannt. Zwei weitere Filme mit finanzieller Beteiligung deutscher Produzenten haben ebenfalls Chancen. Insgesamt stehen 19 Spiel- und Dokumentarfilme im Hauptwettbewerb des 68. Internationalen Filmfestivals am Lago Maggiore.

In „Paradise“ verfolgt Regisseur Sina Ataeian Dena mit bezwingender Lakonie die Suche einer jungen Lehrerin nach ihrem Platz im Leben und spiegelt in der - ohne Erlaubnis der iranischen Behörden realisierten - Erzählung geschickt den Alltag in Teheran.

Große Chancen werden auch der schweizerisch-deutschen Gemeinschaftsproduktion „Heimatland“ von gleich zehn jungen Regisseuren aus der Schweiz eingeräumt. Spannungsreich reflektieren sie gesellschaftliche Probleme des Landes - wie politische Agonie und wabernden Fremdenhass - im Gewand eines effektsicheren Katastrophenfilms.

Daneben kann der mexikanisch-deutsche Spielfilm „Ich verspreche Anarchie“ des Regisseurs Julio Hernández Cordón auf einen Preis hoffen. Die wegen ihres expressiven Stils kontrovers diskutierte Kriminalstory im Milieu junger Skater beeindruckt mit scharfer Kritik an der von Verbrechen auf nahezu allen sozialen Ebenen gezeichneten Gesellschaft Mexikos.

Neben diesen drei Filmen wird das israelische Drama „Tikkun“ („Wiedergutmachung“) hoch gehandelt. Regisseur Avishai Sivan erzählt wirkungsvoll von der persönlichen, religiösen und sozialen Orientierungslosigkeit eines jugendlichen ultra-orthodoxen Juden in Jerusalem. Außenseiterchancen haben der italienische Film „Bella e perduta“ („Schön und verloren“), ein bezauberndes surreales Poem auf die Vergänglichkeit des Lebens, und das packende fünfstündige japanische Gesellschaftsbild „Happy Hour“.

Sämtliche Favoriten eint die Verbindung von Publikumswirksamkeit und Anspruch. Damit sind sie typisch für das diesjährige Angebot des renommierten Festivals am schweizerischen Ufer des Lago Maggiore: Gezeigt wurden vor allem künstlerisch beeindruckende Filme, die mit mehr als purem Amüsement Aussicht auf Erfolg an der Kinokasse haben.

Kurz vor der Preisverleihung wird nicht allein über den Goldenen Leoparden spekuliert. Groß ist ebenso die Spannung, an wen der begehrten Publikumspreis geht. Ihn bekommt einer der Filme, die außerhalb des Wettbewerbs auf der Piazza Grande von Locarno vor jeweils etwa 8000 Besuchern gezeigt werden. Favoriten-Status haben das deutsche Historiendrama „Der Staat gegen Fritz Bauer“ von Regisseur Lars Kraume und die französische Alterskomödie „Florida“ (Regie: Philippe Le Guay).

Natürlich ist es in Locarno wie auf jedem Festival: Die Jurypreise, allen voran der Goldene Leopard, werden frei von den Vorlieben des Publikums vergeben. Überraschungen sind möglich. Keine Überraschung: Die Reise ans malerische Ufer des Lago Maggiore hat sich gelohnt. Und das nicht nur wegen der Bade- und Partyfreuden. Das Festival von Locarno erwies sich seiner Tradition gemäß auch mit der 68. Ausgabe als weltweit eine der schönsten Tribünen der Filmkunst.