Jake Gyllenhaal: Filme müssen mehr als Unterhaltung bieten
New York (dpa) - In seinem neuen Film „Demolition“ verkörpert der amerikanische Schauspieler Jake Gyllenhaal einen Banker, der nach dem plötzlichen Tod seiner Frau den Zugang zu sich selbst finden muss.
Im Pressegespräch mit internationalen Medien sprach der 35-Jährige über seine Filmauswahl, unsymphathische Helden und warum er es mag, durch seine Rollen Boxen oder Bulldozerfahren zu lernen. Aus Deutschland war die Deutsche Presse-Agentur dabei.
Frage: „Nightcrawler“ hat vom Voyeurismus unserer Zeit gehandelt, „Demolition“ blickt auf hohle Ideale der Konsumgesellschaft. Müssen Ihre Filme immer mit Botschaft daherkommen?
Antwort: Vielleicht ist das unbewusst, aber ich glaube auf jeden Fall daran, dass Filme politisch sind. Ob es uns passt oder nicht, alles was wir tun und sagen, hat einen Effekt. Für mich muss ein Film immer mehr sein als nur pure Unterhaltung. Ich liebe Popkultur, im Kino Popcorn zu essen und eine gute Zeit zu haben - aber ich will auch eine Verbindung zu etwas spüren. Deshalb sind auch gerade die ganzen Superhelden-Filme so erfolgreich: Sie sind mit Mythologie verbunden, damit, wie wir alle durchs Leben gehen. Ich würde nicht bewusst sagen: „Gebt mir nur die Filme, die vor allem etwas Politisches über den Zustand unserer Gesellschaft zu sagen haben.“ Aber ich sage: „Sortiert die anderen schon mal aus.“
Frage: Ihr neuer Film handelt von einem reichen und ziemlich unsensiblen Typen. Hatten Sie an irgendeiner Stelle Bedenken, dass die Zuschauer sich nicht mit dieser Figur identifizieren können?
Antwort: Gerade dieses Unsensible macht ihn ja menschlich. Die Ironie ist doch, dass wir uns im Leben oft nicht damit identifizieren können, wenn jemand etwas tut, was wirklich seinem Inneren entspricht. Meine Figur hat einfach ein paar Entscheidungen im Leben getroffen, weil ihm Konventionen das so vorgegeben haben. Er sagt sich: Ich heirate diese Frau, weil ich jetzt in dem Alter bin, in dem ich jemanden heiraten sollte. Ich werde jetzt viel Geld verdienen, weil das etwas ist, das mich erfolgreich erscheinen lässt. Und dann erkennt er sich selbst nicht wieder, weil er so lange nicht mehr auf sich gehört hat. Eigentlich sollte man eher Mitgefühl für ihn empfinden, weil er jemand ist, der sich selbst verloren hat. Er verfolgt nur noch die Dinge, die „man“ zu wollen hat.
Frage: In „Southpaw“ haben sie geboxt, in „Demolition“ zerstören sie mit einem Bulldozer ihr Haus. Übertragen sich solche Fähigkeiten nach dem Ende der Dreharbeiten auch auf ihren Alltag?
Antwort: Das ist der beste Teil meines Jobs! Warum machen wir denn unsere Arbeit, wenn nicht dafür, dass wir von jemandem etwas lernen, der uns die Welt auf eine andere Art nahebringt? Ich kann nicht in jedem Film boxen, aber diese Fähigkeit gibt mir jetzt jedes Mal Selbstvertrauen, bevor ich auf die Bühne gehe. Ich werde mein Leben lang vorher meine Schultern straffen und denken: „Du schaffst das.“ Und hoffentlich kommt auch bald mal ein Moment, in dem mich jemand fragt, ob ich für ihn einen Bulldozer fahren kann.
ZUR PERSON: Jake Gyllenhaal (35) wurde in Los Angeles geboren. Nach dem Durchbruch mit dem Außenseiter-Drama „Donnie Darko“ machte er immer wieder mit ungewöhnlichen Filmen wie dem Boxerdrama „Southpaw“ oder dem düsteren Thriller „Prisoners“ von sich Reden. Für seine Rolle als schwuler Cowboy in „Brockeback Mountain“ war er für einen Oscar nominiert. Gyllenhaal stammt aus einer Filmfamilie: Die Mutter ist Produzentin und Drehbuchautorin, der Vater arbeitet als Regisseur, seine Schwester Maggie ist ebenfalls eine bekannte Schauspielerin. Jamie Lee Curtis („Ein Fisch namens Wanda“) ist seine Patentante.