Kein Oscar für „Pina“ - Aber Wuppertaler Tanztheater blickt nach vorn
„Pina“ von Wim Wenders ist bei der Oscar-Verleihung leer ausgegangen. Die Enttäuschung im Ensemble des Wuppertaler Tanztheaters Pina Bausch währte aber nur kurz. Es überwiegt der Stolz, dabei gewesen zu sein.
Wuppertal. Einsam steht die lebensgroße Oscar-Statue am großen Becken der Wuppertaler „Schwimmoper“. Der richtige Oscar kam nicht in die bergische Stadt. Starregisseur Wim Wenders ging mit seiner 3D-Hommage an die 2009 gestorbene, legendäre Wuppertaler Choreographin Pina Bausch in Hollywood leer aus.
Als Gwyneth Paltrow um kurz nach halb vier deutscher Zeit in der Nacht zum Montag den Umschlag öffnet, hält auch die Compagnie bei der Party im glitzernden Wuppertaler Hallenbad den Atem an. Sekundenlang schweigen alle, als auf der großen Leinwand am Becken der Gewinner des Doku-Oscars verkündet wird. Ein Football-Film, nicht Wenders' Tanzfilm holt die Trophäe für die beste Dokumentation.
Rund 600 Gäste erweisen sich dennoch als gute Verlierer und spenden dem Sieger Applaus. Dass der Film, in dem die Tänzer Pina Bausch ein Denkmal setzen, überhaupt so weit gekommen ist, kann ohnehin kaum jemand fassen. Allein das macht das Ensemble stolz.
Für die Tänzer aber ist der Film viel mehr als eine Nominierung für den begehrtesten Filmpreis der Welt. Die „Wahrheit der Trauer“ sei in „Pina“ enthalten, sagt die 52-jährige Tänzerin Julie Stanzak, die seit 25 Jahren Mitglied im Ensemble ist. „Wir haben nicht gespielt, wir waren wir selbst. Dieser Moment war einzigartig.“
Die Tänzer überzeugten Wenders nach dem plötzlichen Tod von Pina Bausch im Juni 2009 davon, den Film doch noch zu drehen. „Was bleibt, ist die wunderbare Erinnerung an die Möglichkeit, mit ihr gearbeitet zu haben“, sagt der künstlerische Leiter Robert Sturm. Der Film zeige nicht nur den Blick zurück auf Pina, sondern er sei auch eine Öffnung zu den Menschen und damit in die Zukunft gerichtet.
Das Interesse an Aufführungen des ohnehin immer ausverkauften Tanztheaters sei seit dem Film noch viel größer geworden. Doch die Trauer ist für die Compagnie auch in der dritten Spielzeit nach Pinas Tod nicht abgeschlossen. 36 Jahre lang hat die Tanzkünstlerin das Ensemble geprägt und rund 40 Stücke choreografiert. „Pina hat immer gesagt, das einzige, was wir machen können, ist tanzen“, sagt die Französin Helena Pikon (55), die seit 27 Jahren zum Ensemble gehört. „Dass Pina uns fehlt, ist immer eine Tatsache.“
Dominique Mercy, der zweite künstlerische Leiter, sagt: „Der Film hat geholfen, die Trauer zu verarbeiten.“ Ob mit oder ohne Oscar, die Arbeit gehe weiter. Im kulturellen Beiprogramm zu den Olympischen Spielen in London führt das Tanztheater zehn Stücke von Pina Bausch auf - ein Mammutprojekt. Noch ist das Ensemble nicht so weit, dass konkret über eine neue Choreographie nachgedacht wird.
„Dass wir langsam in den Kreativprozess eintreten müssen, ist uns bewusst“, sagt Mercy. „Wir sind innerhalb der Compagnie im Gespräch.“ Das Ziel sei ja nicht der Oscar gewesen, sagt Robert Sturm. „Unser Hauptziel bleibt, die Stücke lebendig zu halten.“ Das Ensemble halte fest zusammen. „Wir zusammen können es schaffen.“