„Kriegerin“: Brisantes Debüt über rechte Szene
Berlin (dpa) - Die Gewaltverbrechen der Zwickauer Neonazi-Terrorzelle haben in Deutschland wieder den Fokus auf die Problematik des Rechtsextremismus' gelenkt. Dabei war er immer da, sind sie immer da gewesen: die prügelnden Neonazis, die NPD-Kader, der versteckte Rassismus.
Das hat der junge Filmemacher David Wnendt bei seinen Recherchen in der deutschen Neonazi-Szene erkannt. In seinem ersten Spielfilm „Kriegerin“ gewährt er einen schonungslosen Einblick ins Neonazi-Milieu.
Als der gebürtige Gelsenkirchener für seinen Sozialdrama recherchierte, waren die inzwischen als Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) bekannt gewordene Terrorgruppe und ihre Taten noch weitgehend unbekannt. Rechtsextremismus hatte kaum einer auf dem Schirm. Er wollte dennoch einen Spielfilm darüber machen. „Rechtsextremismus ist ein großes Problem“, sagt Wnendt im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Rechtsextremismus werde nicht von alleine weggehen.
„Kriegerin“ ist Wnendts Abschlussfilm an der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf Potsdam-Babelsberg. Für seine Recherchen ist er tief eingetaucht in die rechte Szene. Er las viel. Sprach mit Sozialarbeitern und mobilen Beratungsteams. Er lief inkognito bei einer Demo mit und ging in Jugendclubs der Rechten. Immer mehr faszinierten ihn die Frauen unter den Neonazis. Denen gestehe die Ideologie, der sie anhängen, eigentlich keinen Raum zu, so der Filmemacher.
„Letztendlich haben die ja nur die Hauptrolle als Mutter oder in der Küche“, sagt Wnendt. Und doch habe er viele von ihnen getroffen, die „viel selbstbestimmter leben und aktiv mitmachen“ wollen. In Chats und auf Datingplattformen habe er Kontakt hergestellt und sich ihre Geschichten angehört.
So entstand seine Hauptfigur: Marisa, atemberaubend gespielt von Wnendts Mit-Absolventin Alina Levshin, die der Figur die innere Zerrissenheit eines hasserfüllten Schafs im Wolfspelz einhaucht. Marisa lebt nicht im Untergrund, sie lebt in einer Kleinstadt irgendwo in Ostdeutschland. Sie jobbt im Supermarkt der Mutter. Und sie vergöttert ihren Großvater, der im Krankenhaus im Sterben liegt. Der Alt-Nazi hat sie geprägt, ihr seine Weltanschauung und kruden Werte eingeimpft. Auf Marisas Brust prangt ein Hakenkreuz-Tattoo, darüber trägt sie ein Shirt mit dem Aufdruck „Nazibraut“.
Mit ihrer Clique aus prügelnden und saufenden Neonazis mischt sie Ausländer auf - im Zug, am Ufer des Badesees. Die Situation eskaliert, sie fährt zwei junge Asylbewerber über den Haufen. Aus den Boxen ihres Autos dröhnt martialischer Rechtsrock. Ihre Überzeugung beginnt zu bröckeln, als einer der Asylbewerber, Rasul (Sayed Ahmad Wasil Mrowat), in ihr Leben tritt. Marisa sucht den Ausweg aus der rechten Szene, ihrer Heimat, ihrer Ersatzfamilie.
Vor wenigen Monaten noch wäre „Kriegerin“ als einer der vielen Debütfilme hoffnungsvoller Nachwuchs-Regisseure kaum beachtet in dem ein oder anderen Kleinkunst-Kino und in der ein oder anderen Schule aufgeführt worden. Heute ist das Sozialdrama aktueller denn je. „Kriegerin“ maßt sich nicht an, eine Lösung geben zu wollen, aber gewährt einen ungeschönten Einblick in die brutale Welt der Neonazis. Zur richtigen Zeit ist Wnendt ein nachhaltig wichtiger Film gelungen.