„Lincoln“ führt bei Oscars - Haneke vorn mit dabei
Los Angeles (dpa) - „Lincoln“ ist mit zwölf Nominierungen der klare Favorit im Oscar-Rennen - doch aus deutscher Sicht schaffte Michael Hanekes Altersdrama „Liebe“ die Sensation.
Die deutsch-österreichisch-französische Koproduktion wurde am Donnerstag in Hollywood in fünf Hauptkategorien - darunter Bester Film und Beste Regie - für den wichtigsten Filmpreis der Welt nominiert. Steven Spielbergs Geschichtsdrama „Lincoln“ steht mit zwölf Nennungen an der Spitze vor „Life of Pi“ von Ang Lee (11) und „Silver Linings“ von David O. Russell (8). Die Oscars werden am 24. Februar in Los Angeles zum 85. Mal vergeben.
„Ich freue mich außerordentlich“, ließ der in München geborene Österreicher Haneke ausrichten. „Jede Anerkennung bedeutet auch, dass meine Arbeit in Ordnung gewesen ist.“ Haneke wurde bei Proben im Madrider Opernhaus Tetro Real für die Mozart-Oper „Cosí fan tutte“ von den fünf Oscar-Nominierungen überrascht. „Er war sehr zufrieden, aber auch perplex“, sagte Gérard Mortier, der künstlerische Leiter der Oper.
„Liebe“ kann die goldene Statuette in den Kategorien Bester Film, Beste Regie, Bester ausländischer Film, Bestes Drehbuch und Beste Hauptdarstellerin gewinnen. Oscar-Anwärterin Emmanuelle Riva ist mit 85 Jahren die älteste Kandidatin in der Oscar-Geschichte. Ihre Kollegin Quvenzhané Wallis aus dem Überraschungshit „Beasts of the Southern Wild“ ist zugleich die jüngste Kandidatin in mehr als 80 Jahren Oscars. Das Mädchen ist gerade erst neun.
„Lincoln“ schildert die entscheidenden Monate vor 150 Jahren, die mitten im Bürgerkrieg zur Befreiung der Sklaven in den USA führten. Daniel Day-Lewis wurde für seine Darstellung des 16. Präsidenten hochgelobt, er kann nun einen Oscar gewinnen. Auch Spielbergs Werk ist als Bester Film und für die Beste Regie nominiert, ebenso wie „Life of Pi“ von Ang Lee.
Zu den weiteren Favoriten zählen die Tragikomödie „Silver Linings“ mit acht Nennungen sowie der Politthriller „Argo“ von Ben Affleck und „Les Misérables“ mit jeweils sieben Nennungen. Quentin Tarantinos „Django Unchained“ kommt ebenso wie der Bin-Laden-Thriller „Zero Dark Thirty“ auf fünf. Mit Tarantinos Western kann Christoph Waltz seinen zweiten Oscar als bester Nebendarsteller gewinnen. Der James-Bond-Film „Skyfall“ kann ebenfalls fünf Oscars holen, allerdings nur in Nebenkategorien. Bisher haben erst zwei Bond-Filme einen Oscar gewonnen und der letzte ist fast ein halbes Jahrhundert her: 1966 für „Feuerball“ - allerdings auch nur für die Spezialeffekte.
Außer Hanekes Film gibt es noch andere deutsche Aspekte in der diesjährigen Oscar-Nacht. Der Deutsch-Österreicher Christoph Waltz hat Chancen als Bester Nebendarsteller in „Django Unchained“. Um den Auslandsoscar konkurriert „Liebe“ mit „Die Königin und der Leibarzt“ des Dänen Nikolaj Arcelm. Bei dem Film gibt es, ebenso wie bei der royalen Affäre, um die sich der Streifen dreht, eine starke deutsche Beteiligung. Zudem wurde die NDR-Koproduktion „Töte zuerst - Der israelische Geheimdienst“ („The Gatekeepers“) als beste Dokumentation nominiert.
Dass die Oscar-Verleihung am 24. Februar in Los Angeles ein vergnüglicher Abend werden könnte, ließ Moderator Seth MacFarlane („Family Guy“) schon erahnen. „Ich gratuliere allen, die nominiert wurden, und auch allen, die nicht nominiert wurden. Sie können nun aufhören, in Interviews ständig zu sagen, dass sie bei den Dreharbeiten unheimlich viel Spaß hatten.“ Für den Song für seine Komödie „Ted“ ist MacFarlane auch selbst nominiert. Als der Moderator des Abends davon erfuhr, sagte er: „Wow, ich darf zu den Oscars!“