Michael Herbig macht Ernst

In „Hotel Lux“ überzeugt der Spaßmacher in einer ernsthaften Rolle mit Tiefgang.

Düsseldorf. Wer sich allein von dem Namen Michael Bully Herbig auf dem Plakat ins Kino locken lässt, weil er an Filme wie „Der Schuh des Manitu“ denkt, wird im „Hotel Lux“ zwar keine Enttäuschung, wohl aber eine gehörige Überraschung erleben. Mit den bisherigen Schenkelklopfern des ungemein erfolgreichen Regisseurs und beliebten Komödianten hat Leander Haußmanns neues Werk nämlich keine Schnittstellen.

Ende der 1930er Jahre lebt das Moskauer Hotel Lux nur noch von seinem einst noblen Image. Unter dem maroden Dach versammeln sich nicht nur Ratten, sondern auch Kommunisten aus aller Herren Länder, die in ihrer Heimat verfolgt werden. Sie ahnen nicht, dass sie vom Regen in die Traufe kommen, denn Stalins Paranoia sorgt dafür, dass immer mehr Hotelgäste unter nichtigen Vorwänden abgeholt werden und nie mehr zurückkehren.

In dieses Durchgangslager des Todes verschlägt es auch den deutschen Varieté-Künstler Hans Zeisig (Michael Herbig), der sich auf der Bühne über den Führer lustig gemacht hat. Der Geheimdienst vor Ort verwechselt Zeisig prompt mit einem Gast, auf den man schon wartet: Hitlers in Ungnade gefallenen Astrologen Hansen. Als der Parodist den Irrtum bemerkt, ergreift er seine Überlebenschance. Mit schauspielerischer Hingabe gibt er den Sternendeuter und avanciert zum persönlichen Ratgeber Stalins.

Leander Haußmann hat Mut. Der „Sonnenallee“-Regisseur verarbeitete eines der vielen traurigen Kapitel des Stalinismus zu einer politischen Komödie und begibt sich damit auf die Pfade eines Ernst Lubitsch. Über weite Strecken funktioniert der Balance-Akt. Es gibt viel Anlass zum Schmunzeln, aber die Brutalität der Diktatur wird nie verharmlost.

Der historische Stoff bietet aber auch Fallstricke: Das jugendliche Kinopublikum wird wohl noch seinen „Bully“ wiedererkennen, aber möglicherweise mit Namen wie Walter Ulbricht, Wilhelm Pieck oder Herbert Wehner — allesamt Gäste des Hotels — wenig anfangen können.

Eines Tages taucht Zeisigs bester Freund Siggi Meyer (Jürgen Vogel) auf, früher für seine Hitler-Parodien umjubelt und nun ebenfalls auf der Flucht. Dazu gesellt sich die Kommunistin Frida van Oorten (Thekla Reuten), die von Moskau aus die Welt retten will. Doch bald schweben die drei in großer Gefahr. Um zu überleben, entwickeln sie einen aberwitzigen Plan.

„Hotel Lux“ bietet wirklich großes Kino. Die Bilderwelten erinnern mitunter an die Werke des Jean-Pierre Jeunet („Delicatessen“), der Soundtrack kommt angemessen wuchtig daher. Und wie macht sich der Herr Herbig? Seine Vorstellung überzeugt auf der ganzen Linie. Für Herbig könnte „Hotel Lux“ das werden, was „Der Mondmann“ für Jim Carrey bedeutete: ein sanfter, aber deutlicher Übergang vom puren Spaßmacher zum reifen Humoristen mit Tiefgang.