Mythos der Prinzessin belastet Hirschbiegels „Diana“-Film

London (dpa) - Hauptdarstellerin Naomi Watts (44) und Regisseur Oliver Hirschbiegel (56) hatten es sich schon gedacht: Bevor sie sich nach einigem Hadern entschlossen, die wichtigsten Aufgaben beim ersten großen Film über Prinzessin Diana anzunehmen, plagten sie die Zweifel.

Kaum möglich schien es, dem vor allem in Dianas Heimat unglaublich kontroversen und emotionsgeladenen Erbe der „Königin der Herzen“ gerecht zu werden. Und nach der Weltpremiere von „Diana“ in London passierte am Freitag genau das, was alle befürchtet hatten: Es hagelte Verrisse und Kritik. Zwar mischte sich auch ein wenig Lob unter die drastischen Schlagzeilen, doch der negative Stempel ist gesetzt.

Der Mythos Diana ist auch 16 Jahre nach ihrem Tod wohl einfach noch zu stark und verstellt zum Teil den Blick auf den eigentlichen Film. Ein zu erwartendes, aber auch zu bedauerndes Resultat, denn Hirschbiegel erzählt eine Liebesgeschichte, die ohne die berühmten Namen vermutlich deutlich mehr Zuspruch gefunden hätte.

Im Film geht es um die letzten beiden Lebensjahre der Prinzessin, die am 31. August 1997 bei einem Autounfall in Paris ums Leben kam. Im Fokus steht ihre Liebe zu dem pakistanischen Herzchirurgen Hasnat Khan, gespielt von „Lost“-Star Naveen Andrews. Die Beziehung scheitert daran, dass Khan nicht mit dem Medienrummel leben möchte, der Diana umgibt. Der Film folgt der Theorie des Buches „Diana - Her Last Love“ von Kate Snell, dass Diana nur deshalb eine Beziehung zu Millionerbe Dodi Al Fayed begann, der mit ihr im Auto starb, weil sie Khan eifersüchtig machen wollte.

Der Trailer zu „Diana“ hatte gewisse Befürchtungen geweckt, denn er kam ziemlich schmalzig daher. Fast schon verwunderte es, dass ausgerechnet Hirschbiegel und Watts, sonst eher auf sperrige Themen abonniert, hinter einem Diana-Film standen. Doch beiden gelingt es in „Diana“ durchaus, die ungeheure Ambivalenz in der Persönlichkeit der Prinzessin darzustellen. Anders als in der öffentlichen Diskussion so oft der Fall, wird sie weder einseitig positiv verehrt noch vollkommen verurteilt.

Britische Filmkritiker sahen das allerdings am Freitag anders. Die „Times“ bezeichnete „Diana“ als „peinlich, grauenhaft, aufdringlich“. „Arme Diana“, hieß es von Peter Bradshaw im „Guardian“. „Ich schrecke davor zurück, das Wort "Autounfall" zu benutzen. Aber die Wahrheit ist, dass sie 16 Jahre nach dem schrecklichen Tag 1997 ein zweites Mal gestorben ist.“ Der Film sei „sentimental“, die Dialoge erinnerten mehr daran, wie Boulevardblätter sich vorstellen, dass berühmte Menschen privat miteinander sprechen.

Ausgerechnet die „Daily Mail“ - zu Hochzeiten der Diana-Manie stets mit den neuesten Fotos und Berichten voll - urteilte: „Sechzehn Jahre nach dem Ende der Beziehung und dem Tod Dianas mischen sich die Medien weiter ein.“ Allerdings gibt Rezensent Christopher Tookey insgesamt auch zu: „Der Diana-Film ist nicht so schmalzig oder sensationsgierig, wie man befürchten könnte.“

Unter den großen britischen Blättern zog einzig der linksliberale „Independent“ eine weitestgehend positive Bilanz. „Als ein düsteres, romantisches Drama funktioniert "Diana" sehr gut, und es beutet die Geschichte sehr viel weniger aus, als das möglich gewesen wäre.“ Wenn er nicht von dem ganzen Druck, den Diana mit sich bringe, niedergedrückt worden wäre, hätte Hirschbiegel aber einen noch besseren Film machen können.

Hirschbiegel selber hatte auch bei der Premiere noch dazu aufgerufen, den Film ohne Vorurteile und vorgefasste Meinungen anzuschauen - ein Wunsch, der zumindest in Großbritannien unerfüllbar scheint. Als Deutscher fühlte er sich freier, einen Film über Diana zu machen, hatte er erklärt. Wie der Film beim Publikum in Deutschland aufgenommen wird, ohne den extremen historischen Ballast im Hintergrund, wird spannend. Watts jedenfalls bereute es am Ende nicht, sich für die Rolle entschieden zu haben: „Diese Geschichte musste irgendwann erzählt werden.“