Roland Emmerich im Interview: Die schiere Lust am Zerstören
Der Regisseur Roland Emmerich über seinen neuen Film „White House Down“ und seine vielfältigen Pläne.
Berlin. Der Produzent, Regisseur und Drehbuchautor Roland Emmerich (57) ist einer der erfolgreichsten Deutschen in Hollywood. Seine Katastrophenfilme wie „Independence Day“ und „2012“ waren weltweite Blockbuster. In seinem jüngsten Werk „White House Down“ lässt er das Weiße Haus in die Luft fliegen.
Herr Emmerich, der Präsident in Ihrem Film ist Barack Obama recht ähnlich. Hat der echte den Film schon gesehen?
Roland Emmerich: Keine Ahnung, aber ich glaube nicht, dass er sich öffentlich zu dem Film äußern wird. Dazu ist er viel zu sehr von allen Seiten unter Beschuss. Obama hat es als Präsident ja so schwer, wie kaum ein anderer vor ihm. Er ist sehr populär und deshalb versucht die rechte Seite ihn mit allen möglichen Tricks so schlecht wie möglich aussehen zu lassen.
Sie haben sich in den letzten Jahren von Ihrem Image als „Master of Desaster“ zu distanzieren versucht. Ein Film, in dem das wichtigste Symbol der Vereinigten Staaten zerlegt wird, erscheint nicht als ideales Gegenmittel.
Emmerich: Als ich den Titel auf dem Drehbuch gelesen habe, dachte ich: „Die sind verrückt mir so etwas anzubieten“. Aber ich wusste, dass das Skript in Hollywood heiß gehandelt wurde, habe aus Respekt gegenüber den Produzenten und dem Autor James Vanderbilt angefangen zu lesen und konnte es nach ein paar Seiten nicht mehr weglegen. Wenn mich ein Drehbuch interessiert, sind mir solche Imagefragen egal. Außerdem ist das Weiße Haus seit „Independence Day“ in meinen Filmen ja fast ein Markenzeichen.
Woher kommt Ihre Vorliebe für Zerstörung? Hat es Ihnen in der Buddelkiste schon mehr Spaß gemacht Sandburgen kaputt zu machen als aufzubauen?
Emmerich: Eigentlich war ich mehr der Bücherwurm. Das war eher mein Bruder, der die Sachen immer auseinandergepflückt hat.
Worin liegt denn generell die Faszinationskraft für die Destruktion?
Emmerich: Das ist dieselbe Faszination und Neugier, aus der heraus sich der Verkehr nach einem Unfall verlangsamt, weil alle sehen wollen, was passiert ist. Im Kino kann das Publikum auf eine emotionale Achterbahnfahrt gehen, ohne sich selbst in Gefahr begeben zu müssen.
Zuletzt haben Sie sich mit „Anonymous“ vom Blockbuster-Kino wegbewegt. Werden Sie weiterhin zwischen kleineren und großen Projekten pendeln?
Emmerich: Auf jeden Fall. Zurzeit arbeiten wir noch an einem Drehbuch über die Stonewall-Aufstände, bei denen sich 1969 Schwule gegen die polizeiliche Diskriminierung in New York gewehrt haben. Außerdem würde ich gern — das ist eine ganz frische Idee — einen Film über die Entstehung der Weltwirtschaftskrise machen. Das wäre ein ganz kleiner Film, den man vielleicht fürs Fernsehen realisieren könnte. Aber mein nächstes Projekt ist erst einmal die Fortsetzung von „Independence Day“. Das Skript ist in der letzten Überarbeitung, und ich hoffe, dass wir bald mit den Dreharbeiten anfangen können.
Wieder mit Will Smith?
Emmerich: Ich glaube, dass Will Smith mittlerweile eine Nummer zu groß ist. „Independence Day“ soll ja kein Will-Smith-Film werden.
Können Sie sich nach „Anonymous“ vorstellen, wieder in Deutschland zu drehen?
Emmerich: Ja klar, zumal man es sich immer weniger leisten kann, in Los Angelas zu drehen. Hollywood ist ein zu teures Pflaster. Deutschland müsste noch mehr steuerliche Erleichterungen für Filmprojekte einführen — dann kämen mehr internationale Produktionen.
Filmbesprechung “ Kino S.