Neuer Film von Helge Schneider: Mülheim liegt am Mittelmeer (mit Video)

Helge Schneider entwirft in „00 Schneider und der Wendekreis der Eidechse“ seinen eigenen Blödel-Kosmos.

Düsseldorf. Damit konnte wirklich keiner rechnen: Mülheim an der Ruhr liegt eigentlich am Meer. Einsam steht der zerzauste Kommissar an der felsigen Küste und schaut in die blaue Ferne. Ein gelber Briefkasten der Deutschen Post schwankt verloren im Wind.

Dann steigt der nachdenkliche Bulle im Trenchcoat in seinen weißen Citroën DS und fährt zurück in seine Wohnung. Im Hintergrund abgewrackte Industrieanlagen und graue Schlote. Ruhrpott pur.

Auch in seinem neuen Kinofilm „00 Schneider — Im Wendekreis der Eidechse“, neun Jahre nach „Jazzclub - Der frühe Vogel fängt den Wurm“ (2004), ignoriert Helge Schneider souverän die Gesetze von Raum und Zeit, Logik und Plausibilität und entwirft seinen eigenen, ganz speziellen Blödel-Kosmos.

Diese permanente Sinnverweigerung kann man entweder mögen und als dadaistisch angehauchtes Spektakel genießen, oder man wendet sich nach wenigen Minuten entnervt ab: So ein infantiler Schwachsinn.

Mit seinen Filmen polarisiert Helge Schneider, und das ist ja schon mal etwas. Dabei scheint der Entertainer und Musiker mittlerweile „Everybody’s Darling“ geworden zu sein.

Mit seinem neuen Album „Sommer, Sonne, Kaktus“, auf dem er etliche Coverversionen von Hits wie „Somewhere Over the Rainbow“ präsentiert, eroberte er im Sommer zum ersten Mal in seiner Karriere die Spitze der deutschen Albumcharts. „Ich will ja nicht ernst genommen werden. Hauptsache, ich habe Spaß“, kommentierte der Multiinstrumentalist seinen Erfolg.

Auf der Kinoleinwand gibt Schneider jedoch nicht den lustigen Musikclown, sondern irrlichtert durch eine wahnwitzige Krimigeschichte, die sich um Einbrüche in Trinkhallen und einen Hühnerdiebstahl rankt. Der Kommissar mit einem stilechten Ledermantel, wie ihn der junge Jean-Paul Belmondo trug, will sich eigentlich zur Ruhe setzen und seine Memoiren schreiben, aber der Kette rauchende Erzbösewicht Jean-Claude Pillermann (Rocko Schamoni), genannt die „Eidechse“, gibt keine Ruhe.

Bis es zum Showdown kommt, passiert nichts Großes, davon aber jede Menge: Tante Tyree aus Amerika, gespielt vom Jazzmusiker Tyree Glenn Jr., kommt zu Besuch ins Ruhrgebiet — ein molliges Faktotum mit zwei halben Kokosnüssen auf der Brust. Dann steht ein mannsgroßer Affe im Café, ein Staubsaugervertreter läuft Amok, ein Junge raubt eine Bank aus, ein Zahnarzt entpuppt sich als sexbesessen.

Die Helden werden im Hochgebirge — auch das liegt bei Mülheim gleich um die Ecke — von einem Hund mit einem Fässchen Rum gerettet, Düster ist eine Szene bei einem Psychiater geraten, der einen mysteriösen „Elefantenmenschen“ auf der Couch liegen hat. Gespielt wird das fast immer von Laiendarstellern.

Dann nimmt Schneider das Tempo wieder raus und steuert seinen Film auf das Ende zu, unterlegt mit ein bisschen Jazz und etwas Schrammel-Flamenco. Hübsch sind die Anspielungen auf französische Gangsterfilme der 1960er Jahre, und auch die braunstichigen Interieurs verströmen den Mief dieser Zeit.

Das Ruhrgebiet sieht in diesem Film noch abgewrackter aus als in einem „Schimanski-Tatort“ — eine Gegend, die völlig aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Da passt der schräge Kommissar prima ins Bild.