Plädoyer für Toleranz: Eddie Redmayne als Transsexuelle

Venedig (dpa) - Als schwer krankes Genie Stephen Hawking feierte Eddie Redmayne den bisher größten Triumph seiner Karriere: Für seine Leistung in „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ gewann der 33-Jährige vor einigen Monaten den Oscar als bester Hauptdarsteller.

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Nun verkörpert der Brite wieder eine reale Person und beweist zugleich seine enorme Wandelbarkeit. In „The Danish Girl“, der am Wochenende Premiere beim Filmfest Venedig feierte, spielt Redmayne eine der ersten Transsexuellen.

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Einar Wegener ist im Kopenhagen der 1920er ein erfolgreicher Maler und glücklich verheiratet mit seiner Frau Gerda, ebenfalls Künstlerin. Eines Tages bittet sie ihn, als Frau verkleidet Modell zu stehen - und Einar merkt, dass es für ihn mehr ist als ein Spiel. Er kleidet sich immer häufiger als Frau, nennt sich Lili und gerät in eine tiefe Identitätskrise.

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Tatsächlich war Lili Elbe eine der ersten Transsexuellen unserer Zeit und liefert damit sicher eine spannende Vorlage für einen Kinostoff. Wenn man bedenkt, wie schwer es Homosexuelle oder Transgender heute teilweise noch haben, ist es unvorstellbar, wie ihre Situation vor knapp 100 Jahren war. Umso enttäuschender ist daher aber auch „The Danish Girl“.

Regisseur Tom Hooper, dessen Drama „The King's Speech“ um den stotternden britischen König mehrere Oscars gewann, inszeniert diesen dramatischen Stoff über weite Strecken als kitschige Liebesgeschichte, häufig unterlegt mit rührseliger Musik. Gesellschaftliche Widerstände deutet er höchstens an. Stattdessen fokussiert er vor allem auf die Beziehung von Einar und Gerda, die ihren Mann auf bemerkenswerte Weise unterstützt.

„Mich hat diese einzigartige und leidenschaftliche Liebe sehr bewegt“, sagte Redmayne dann in Venedig. Auch Regisseur Hooper betonte: „Wir leben in einer stark geteilten Welt. (...) Ich finde, dieser Film zeigt, dass Leidenschaft und Liebe der einzige Weg sind, Menschen einzubeziehen.“

Andere Beiträge des Wettbewerbs blieben am Wochenende ebenfalls hinter den Erwartungen zurück: Oscar-Preisträgerin Tilda Swinton und Matthias Schoenaerts werden in „A Bigger Splash“ von Ralph Fiennes und dessen Filmtochter Dakota Johnson aus der Ruhe einer Mittelmeerinsel gerissen - inklusive angedeuteter Affären und Intrigen, die sich dann trotz des großen Knalls nicht wirklich befriedigend entladen.

Auch in „Equals“ konnten die durchaus überzeugenden Darsteller Kristen Stewart („Twilight“) und Nicholas Hoult („X-Men“) nicht von der etwas zu schlichten Geschichte um eine sterile und emotionslose Zukunft ablenken. Und Juliette Binoche enervierte in „L'attesa“ als Mutter, die nicht wahrhaben will, dass ihr Sohn gestorben ist.

Umso überraschender war da der wunderbar unterhaltsame Beitrag „L'hermine“ des Franzosen Christian Vincent. Fabrice Luchini gibt da einen Richter, den eine frühere Liebe bei einem Prozess aus der Bahn wirft. Fast nebenbei streift der Film gesellschaftlich relevante Themen wie die einer multikulturellen Gesellschaft oder Vorurteile gegen sozial schwächere Schichten. Mit immer wieder überraschenden Wendungen schwankt „L'hermine“ zwischen Komödie, Drama und Liebesgeschichte und sorgt vor allem mit seinem pointierten Humor für willkommene Lacher.