Robin Williams: Ein Clown, der zu Tränen rührte
Robin Williams war einer der beliebtesten Schauspieler und Komiker. Der 63-Jährige nahm sich offenbar das Leben.
San Francisco. Die erste Erinnerung an Robin Williams ist eine Art komödiantischer Urschrei. Ein langgezogenes „Gooooood Moorning, Vietnaaaam“, gefolgt von einem Gag-Stakkato in unerhörtem Tempo, ohne Punkt und Komma, ein reißender Strom der Anekdoten und Einfälle. Die Stimme, die sich damals so energisch ins Ohr der Zuschauer bohrte, ist verstummt: Robin Williams ist tot. Am Montag wurde er in seinem Haus bei San Francisco gefunden, vermutlich hat er sein Leben selbst beendet. Der Komiker und Schauspieler wurde nur 63 Jahre alt.
Als er mit Mitte 30 die irren Szenen für Barry Levinsons „Good Morning, Vietnam“ (1987) drehte, soll Williams seine Monologe als Radiomoderator der US-Armee größtenteils improvisiert haben. Einige Jahre später trieb er als Sprecher von Aladdins Geist mit seinen Eskapaden Disneys Zeichner zur Verzweiflung. Auch in Interviews ließ er sich oft forttragen von seinem unermüdlich fabulierenden Geist, imitierte ohne Vorwarnung verschiedene Stimmen und glitt in absurde Improvisationen ab, die erwachsenen Menschen gewöhnlich peinlich sind.
Robin Williams war der geborene Clown, und deshalb liebten ihn die Menschen so. Seine Arbeit weckte das Kind in uns, nicht penetrant wie bei Adam Sandler, sondern fast liebevoll, mit großer Wärme. So trug er selbst Schmachtfetzen wie „Patch Adams“ (1998), in dem er als Arzt todkranke Patienten mit clownesken Einlagen aufheitert. Solche Rollen passten perfekt zu ihm: Lachen war bei ihm selten spöttisch oder hämisch, er nutzte es als Heilmittel und Trostpflaster.
Seinen Aufstieg hatte Williams, der 1951 in Chicago geboren wurde, als Komiker erlebt, erst auf der Bühne, später im Fernsehen. Als „Mork vom Ork“ (1978-1982) wurde er über Nacht zum Star, doch schon sein Frühwerk, die John-Irving-Verfilmung „Garp und wie er die Welt sah“ (1982) zeigte, dass er sich nicht mit Klamauk begnügen wollte. „Good Morning, Vietnam“ brachte ihm die erste Oscar-Nominierung, weitere folgten für Peter Weirs „Club der toten Dichter“ (1989) und Terry Gilliams „König der Fischer“ (1991).
Dies waren die Rollen, in denen der Charakterdarsteller Robin Williams die Leinwand betrat: Er spielte mit Vorliebe Außenseiter, subversive Geister mit stark ausgeprägter Empathie, Menschen, die anderen helfen, auch wenn es zu ihrem Nachteil ist. In dieses Muster passt auch der Psychologe Sean Maguire in „Good Will Hunting“ (1998) — dafür bekam Williams schließlich den Oscar.
Zwischen diesen ernsten Rollen ließ er immer wieder mit diebischer Freude das Kind im Manne frei, sei es in „Toys“ (1992), „Jumanji“ (1995), „Flubber“ (1997) oder — besonders passend — als Steven Spielbergs Peter Pan in „Hook“ (1991).
Privat lief sein Leben nicht immer so unbeschwert: Williams hatte Probleme mit Alkohol und Drogen, sprach jedoch offen darüber und zog sich mit Therapien aus dem Sumpf. Aus zwei gescheiterten Ehen hat er drei Kinder, seine dritte Frau Susan Schneider beschrieb ihn gestern als ihren besten Freund und einen der liebenswürdigsten Menschen: „Mein Herz ist völlig gebrochen.“
In seiner Filmografie spiegelte sich diese dunkle Seite nur selten wider, aber wenn, dann waren das bemerkenswerte Auftritte: als sozial isolierter Laborant in „One Hour Photo“ (2002), als schwuler Radiomoderator in „The Night Listener“ (2006), vor allem als psychopathischer Killer in Christopher Nolans „Insomnia“ (2002). Selten war ein Mörder im Kino zu erleben, der so ruhig, so wenig dia- bolisch und doch so furcht- erregend wirkte.
Die Hoffnung, Robin Williams häufiger so zu sehen, hat sich zwar seither nie erfüllt. Doch allein sein Gesicht, zuletzt mit Rauschebart und schelmischen Falten, war wie das Versprechen auf faszinierende Altersrollen. So melancholisch Robin Williams manchmal aussah, darunter lauerte immer der Derwisch, der die Welt zum Lachen bringt.