Rock of Ages: Cruise reißt die Nummer raus
„Rock of Ages“ schleppt sich durch eine schlichte Geschichte, aber die begnadeten Nebendarsteller lassen den Film krachen.
Düsseldorf. In der Garderobe sieht es aus wie im afrikanischen Dschungel. Palmen und Kletterpflanzen füllen den Raum, der schwach mit Kerzen ausgeleuchtet ist. Ein Pavian fletscht die Zähne. In einem Bassin blubbert warmes Wasser. Auf dem Bett dahinter liegen spärlich bekleidete Frauenleiber schlafend übereinander. Die diffuse Körpermasse kommt erst in Bewegung, als sich von unten der muskulöse Körper eines Mannes mit zwei in die Hüften tätowierten Colts allmählich aufrichtet — um bedröhnt gleich vornüber ins Wasser zu klatschen.
Man muss Tom Cruise nicht mögen, aber sein Auftritt als Rockstar in Adam Shankmans Musicalverfilmung „Rock of Ages“ ist phänomenal. Wer Cruise als Rampensau besetzt und einen Sinn für ironische Inszenierung hat, kann mit solch einem Mann pures Gold schöpfen. Allerdings ist Cruise nur eine Randfigur in dem Musicalplot, der sich der zur Neige gehenden Rockära verschreibt und eine blondes Landei mit dem großen amerikanischen Traum nach Los Angelas schickt.
Wie in „Burlesque“ spielt die Tänzerin und Countrysängerin Julianne Hough die Kleinstadt-Blondine Sherrie, die mit wenig Geld und großen Erwartungen auf dem Sunset-Strip strandet. Dort lernt sie den schmucken Drew (Diego Boneta) kennen, der ihr im angesagten Rockclub „The Bourbon Room“ einen Job als Kellnerin besorgt.
Um das legendäre Etablissement ist es schlecht bestellt. Der Betreiber Dennis Dupree (Alec Baldwin) und sein Kompagnon Lonni (Russel Brand) stehen kurz vor dem Bankrott, und die erzkonservative Bürgermeistergattin Patricia Whitmore (Catherine Zeta-Jones) startet eine Hetzkampagne gegen das Sündenbabel. Rettung kann nur der gottähnlich verehrte Rockstar Stacee Jaxx (Tom Cruise) mit einem Umsonst-Gig bringen, aber auf den durchgeknallten Exzentriker ist nur bedingt Verlass.
Die Geschichte von „Rock of Ages“ ist eins zu eins aus dem Handbuch für Musicalplots schlicht zusammengeschustert. Auch Julianne Hough und Diego Boneta bleiben aufgrund limitierter schauspielerischer Fähigkeiten als putziges Liebespaar blass und sind musikalisch fehlbesetzt.
Umso mehr rocken die etablierten Schauspielkader im Nebenfigurenensemble. Tom Cruise hat man seit „Magnolia“ nicht mehr so gut gesehen, auch weil er hier die eigenen narzisstischen Posen ins Groteske überhöht. Alec Baldwin und Russel Brand geben ein originelles Altrocker-Paar ab, der fabelhafte Paul Giamatti den perfekten schmierigen Agenten. Catherine Zeta-Jones hebt vollkommen ab als Politfurie mit Groupie-Vergangenheit und baut genussvoll Verweise auf die republikanische Fundamentalistin Sarah Palin ein.
Beim Soundtrack und den Tanzchoreografien kann Shankman mit „Rock of Ages“ die volle Punktzahl verbuchen. Songs von Def Leppard, Foreigner, Bon Jovi, REO Speedwagon, Whitesnake und anderen lassen den Kinosaal zünftig erbeben.
Lässt man also die dünne Geschichte und die blassen Hauptfiguren außer Acht, kann man in „Rock of Ages“ mit einer Hand voll hochmotivierter Nebendarsteller und einer guten Portion Rock ’n’ Roll seinen Spaß haben.