Storyboards von Hitchcock bis Spielberg in Berlin
Berlin (dpa) - Auf Hotel-Briefpapier zeichnete Volker Schlöndorff, wie er sich die Geburt seines „Blechtrommel“-Helden Oskar Matzerath vorstellt.
Auch für andere berühmte Filme wie Alfred Hitchcocks „Die Vögel“, Martin Scorseses „Taxi Driver“, Francis Ford Coppolas „Apocalypse Now“ oder Steven Spielbergs „A.I.“ existierten vor dem Dreh gezeichnete Storyboards - jene Comicstrips ähnelnden Bildskizzen, nach denen seit Ende der 20er Jahre große Hollywoodfilme ebenso entstehen wie kleine Independent-Produktionen. Die weltweit erste umfassende Ausstellung zu Storyboards ist von Donnerstag (11.8.) an im Berliner Museum für Film und Fernsehen zu sehen.
Die in Kooperation mit der Kunsthalle Emden entstandene Schau „Zwischen Film und Kunst“ (bis 27.11.) wird im nächsten Jahr auch im kanadischen Toronto gezeigt, wie die Ausstellungsmacher am Mittwoch ankündigten. Erstmals sind in Berlin auch Skizzen zu dem neuen, noch gar nicht im Kino angelaufenen Film „Anonymous“ des deutschen Hollywoodregisseurs Roland Emmerich („Godzilla“, „Independence Day“) zu sehen.
Der Begriff Storyboard entstand vermutlich in den amerikanischen Walt Disney Studios. Dort wurden die einzelnen Zeichnungen zum Beispiel für den 1937 entstandenen, ersten farbigen Animationsfilm „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ an ein Bord - eine Korktafel - gepinnt. So konnten die Szenen und Bewegungsabläufe der Figuren immer wieder neu zusammengefügt werden, bevor der teure Dreh begann. In Berlin sind nicht nur Disney-Storyboards zu sehen, die die Zwerge Doc und Dopey bei ihrer Arbeit im Bergwerk zeigen, sondern auch Mickey Mouse als Zauberlehrling in „Fantasia“ aus dem Jahr 1940.
Im Storyboard zu Hitchcocks „Die Vögel“ ist genau dokumentiert, in welchem Winkel Schauspielerin Tippi Hedren im Film später den Kopf drehen wird, so dass ihr entsetzter Blick direkt auf die sich auf einem Klettergerüst zusammenrottenden schwarzen Vögel fällt. Ein eigenes Kunstwerk sind die Bildfolgen zu „Vom Winde verweht“, auf denen Vivien Leigh als Scarlett O'Hara allerdings völlig anders aussieht als im Film. Neben den Storyboards können sich die Museumsbesucher jeweils die Originalfilmszenen ansehen und vergleichen.
Nicht immer ist der Urheber der Bildskizzen so klar zu benennen wie im Fall von Schlöndorff oder auch bei Tom Tykwer, der für sein preisgekröntes Beziehungsdrama „Drei“ die Standesamt-Szene selbst skizzierte. „Die Illustratoren sind häufig namenlos“, sagt Kuratorin Kristina Jaspers. Stilistisch ist die Bandbreite groß. Die Künstler arbeiten mit Tusche, Bleistift, Kohle, Farb- und Filzstiften sowie Aquarellfarben. Einige der Storyboards sind so ausgefeilt, dass sie als eigenständige, abgeschlossene Graphic Novel bestehen.
Eines der ersten Storyboards der Filmgeschichte stammt aus Deutschland. Fritz Maurischat entwickelte 1932 zusammen mit Regisseur Frank Wisbar für „Im Bann des Eulenspiegels“ einen sogenannten Papierfilm. Auf einen 75 Meter langen Papierstreifen montierte er fast 300 Zeichnungen, neben denen Regieanmerkungen, Dialoge und Hinweise zu Kameraführung und Musik vermerkt waren. So konnte der Regisseur seinen Film auf Papier „proben“. Noch heute benutzen auch Filmemacher wie Tykwer, Wim Wenders oder Chris Kraus Storyboards, die inzwischen eine Kombination aus Handzeichnungen und Computerbildern sind.