„Wirtschaftskiller“ im Fokus
Regisseur Erwin Wagenhofer nimmt in seinem Dokumentarfilm „Let’s make money“ die Finanzmärkte unter die Lupe.
Düsseldorf. In seinem erfolgreichen Dokumentarfilm "We Feed the World beleuchtete der österreichische Filmemacher Erwin Wagenhofer die Absurditäten der globalen Nahrungsmittelproduktion. Punktgenau zu Banken-Crash und Finanzkrise kommt nun sein neuer Film "Let’s Make Money" morgen in die Kinos.
Mit dem Börsencrash sind die düsteren Prognosen Ihres Films noch vor dem Kinostart Realität geworden. Fühlen Sie sich bestätigt?
Wagenhofer: Es war klar, dass es zu dieser Krise kommen musste. Das haben alle Experten vorher gesehen, und im Rückblick klingt das umso schrecklicher, dass man trotzdem so ungebremst ins Unheil läuft. Aber es ist kein Film über die aktuelle Bankenkrise. Er kritisiert ein Wirtschaftssystem, das vollkommen aus dem Ruder gelaufen ist.
Sie sind Filmemacher und kein Finanzfachmann. Wie haben Sie sich diesem hochkomplexen Thema genähert?
Wagenhofer: Genau das finde ich spannend. Denn Experten sind besonders empfindlich, wenn Laien gewisse Fragen stellen. Und das habe ich mir zum Prinzip gemacht. Ich verstehe gewisse Dinge nicht, und durch den Film versuche ich, diese Fragen zu beantworten.
Anders als die Nahrung in "We Feed the World" ist Geld ein sehr abstraktes Sujet. Wie sind Sie mit diesem Problem umgegangen?
Wagenhofer: Alle haben mich für verrückt erklärt, als ich sagte, dass ich einen Film über das Finanzsystem machen will. Dem Geldschein kann man - anders als der Tomate in "We Feed the World" - nicht hinterher reisen. Geld wird in das System eingespeist und dann ist es nur noch eine Buchungszeile. Ich versuche in meinem Film, Bilder von den Auswirkungen zu finden und die Haltungen der Personen, die mit dem Geld umgehen, aufzuzeigen.
Der Berufsstand des "Wirtschaftskillers", den Sie im Film vorstellen, war uns bisher nicht geläufig. Worin besteht dessen Arbeit?
Wagenhofer: Ich habe die Aussagen, die der ehemalige Angehörige des US-Geheimdienstes John Perkins in seinem Buch und auch im Film macht, von einem Weltbankspezialisten in Wien überprüfen lassen. Das, was Perkins beschreibt, ist ein extrem effektives Instrument: Eine flexible Einsatztruppe, die mit Krediten der Weltbank ausgestattet ist, wird in ein Land, von dem man z.B. Öl haben will, vorgeschickt, um die dortige Wirtschaftselite zu korrumpieren und in die Verschuldung zu treiben. Das ist eine vielseitig erprobte Methode. Die Mafia macht das auch nicht anders.
Welche Konsequenzen soll das Publikum aus "Let’s Make Money" ziehen?
Wagenhofer: Die Konsequenzen werden nicht aus dem Film, sondern von der Krise gezogen werden. Ich will mit dem Film zeigen, dass es zu einer solch entfesselten Situation kommt, weil man sie entfesselt hat. Im Leben braucht man gewisse Regeln. Wenn man alle Ampeln abschaltet, würde sich im Straßenverkehr das Recht des Stärkeren durchsetzen. So eine ähnliche Situation haben wir jetzt im Finanzsektor. Man muss wieder regulieren, und interessanterweise sind ja jetzt die ersten, die regulieren, ausgerechnet die Amerikaner. Wer hätte sich vor einem Jahr träumen lassen, dass in den USA Banken verstaatlicht werden?