Knapp 200-mal Spaß an der Literatur
Die 17. lit.Cologne findet zwar erst im März des nächsten Jahres statt, das Programm steht aber schon fest — und der Karten-Vorverkauf hat begonnen.
Köln. Sie liebt das geschriebene und das gesprochene Wort, ist kreativ, phantasievoll und sehr engagiert. In ihrer 17. Auflage vom 7. bis 18. März 2017 besinnt sich die lit.Cologne auf ihr politisches Gewissen und zeigt, direkt zum Auftakt, Flagge: Unter dem Titel „Die Freiheit des Wortes ist ein universelles Recht der Menschheit“ lädt das Kölner Literaturfestival zu einem Solidaritätsabend für die verfolgten Schriftsteller in der Türkei. Mit dabei ist Can Dündar. Der ausgezeichnete Buchautor und ehemalige Chefredakteur der Tageszeitung „Cumhuriyet“ wurde in der Türkei zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Er gilt als das Sprachrohr der demokratischen, westlich orientierten Türkei. Von Erdogan verfolgt, genießt er in West-Europa höchstes Ansehen.
Überhaupt die aktuelle Politik und ihre rechtsextremen und populistischen Gefahren. Didier Eribans aktuelles Buch „Rückkehr nach Reims“ analysiert das soziale und intellektuelle Leben Frankreichs und fragt, warum so viele Menschen dem Front National anhängen. Zusammen mit Carolin Emcke gestaltet der Autor einen der Partnerabende der lit.Cologne. Dessen Thema ist der Hass. Die diesjährige Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels wiederum hatte erst im Oktober in ihrer Dankesrede leidenschaftlich gegen den Fanatismus in Europa gesprochen.
Um Werte geht es auch in der Roman-Sensation des Jahres 2015 in den USA, „A little life“. In Ihrer Erzählung über die Freundschaft von vier Männern in New York landet Hanya Yanaghara schließlich bei der Kernfrage von Gut und Böse. Gemeinsam mit Corinna Harfouch bestreitet die Schriftstellerin einen Themenabend über „Ein Buch, das Dich verrückt machen kann“.
Eher unterhaltsam dürften weitere Themenabende über Nervensägen der Weltkultur (mit Mariele Millowitsch und Devid Striesow) und über das literarische Bayern (mit Brigitte Hobmeier und Stephan Zinner) sowie der WDR-Literaturmarathon sein, der der Bedeutung der Reise für die Schriftstellerei nachgeht.
Weitere interessante Paarungen: Ingeborg-Bachmann-Preisträger Peter Wawerzinek trifft den Shootingstar des Bücherherbstes, Philipp Winkler, der es mit „Hool“ auf die Shortlist zum Deutschen Buchpreis schaffte. Über ihr Herzensthema „fühlende und denkende Tiere“ wollen sich der bekannte Philosoph Richard David Precht und der Förster und Bestsellerautor Peter Wohlleben austauschen.
194 Veranstaltungen an zwölf Tagen, 103 für Erwachsene und 91 für Kinder und Jugendliche, bietet die lit.Cologne. Zwar verfügt sie über eine große Fangemeinde — gleichwohl hofft Festivalleiter Rainer Osnowski, dass die eh schon hohen Besucherzahlen (2016: 106.000, eine Auslastung von 95 Prozent) weiter gesteigert werden. Dafür werden vielfältige Veranstaltungsorte aufgeboten: Schiff, Funkhaus, Büroturm oder Theater. Und der Literaturstoff reicht vom Krimi (Simon Beckett liest aus „Totenfang“) über den Unterhaltungsroman (Michael Krüger ist mit „Das Irrenhaus“ vertreten) und den gesellschaftskritischen Roman (Brasiliens führende Schriftstellerin Patricia Melo stellt „Trügerisches Licht“ vor) bis zum Libretto (Elke Heidenreich stellt „Die Geschichte des Büchleins“ vor) oder Poetry Slam mit DJ-Unterstützung.
Internationale Bestsellerautoren geben sich die Klinke in die Hand: Jonathan Safran Foer, T.C. Boyle, Alfred Grosser, Martin Suter, Philipp Winkler und erstmals auch Paul Auster sind nur einige Namen. Kaum einer war dagegen sooft dabei wie Roger Willemsen, der im Februar 2016 gestorben ist: 40 Einsätze in 15 Jahren lit.Cologne hat Festivalleiter Werner Köhler gezählt und empfiehlt einen Erinnerungsabend an den „Schwärmer, Literaten und politischen Menschen“ Willemsen. Iris Berben, Maria Schrader, Christian Brückner, Joachim Król und andere mehr treten auf, lesen erstmals aus seinem letzten Text „Wer wir waren“.
Die Brücke zum Kinderprogramm schließlich schlagen Tristan Göbel und Anand Batibileg , die aus Wolfgang Herrndorfs Roman „Tschick“ lesen. Der Kultroman begeistert(e) große und kleine Leser und wurde in diesem Jahr von Fatih Akin mit Göbel und Batibileg verfilmt.