Biennale: Die Schemel des Ai Weiwei
Am Samstag eröffnet die Biennale in Venedig. Chinas Kunst-Star hat eine Riesenskulptur für den deutschen Pavillon entworfen.
Venedig. Kommt er oder kommt er nicht, der chinesische Bürgerrechtler und Kunst-Star Ai Weiwei? Er ist von der Kuratorin Susanne Gänsheimer in den deutschen Pavillon eingeladen worden, aber er kommt nicht.
Die Hoffnungen, die viele nach dem Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Li bei Kanzlerin Angela Merkel hatten, wurden zerstört. Der Aktivist aus Peking bleibt unter Arrest. Dafür erschien Gao Ying Ai, seine Frau, und hörte sich lächelnd die Reden über die Freiheit für die Kunst an.
Der Beitrag Ai Weiweis findet im französischen Pavillon statt. Aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums des Elysée-Vertrags hatten die Außenminister beider Länder den seit Jahren gehegten Wunsch endlich erfüllt. Währenddessen wird der deutsche Pavillon von dem albanisch-französischen Künstler Anri Sala bespielt.
Ai Weiwei kennt den Pavillon, hat er dort doch im Jahr 1999 als unbekannter Handlanger ein halbes Jahr lang gejobbt. Den Raum baute er jetzt nach. Seine Handwerker durften aus China ausreisen und die Installation aufbauen.
Ai verfolgte und überwachte die Arbeiten über das Internet. Offensichtlich war seine Freude beim Konzept grenzenlos. Ai hat eine Himmel stürmende Installation aus 886 alten, gebrauchten Hockern geschaffen. Der Antiquitätenjäger sammelte die Sitzgeräte aus der Zeit vor der Erfindung des Kunststoffs.
Sie sind für ihn gelebtes Leben, volksnah und schön. Er ließ sie von seinem Team so ineinander stecken und durch Rundhölzer stabilisieren, dass sie nicht umfallen können. Kein Wind wie seinerseits beim Turmbau auf der Documenta 2007 wird sie herunterreißen, denn im Innern des Raumes ist es windgeschützt.
Das Kuriose an diesen dreibeinigen Hockern ist, dass die Stäbe durch die Sitzfläche geschoben sind und den Betrachter wie Smileys anschauen. Sie haben sogar eine leichte Drehbewegung, als ob sie gleich tanzen möchten. Sie wirken leicht, und die durchgezogenen Stäbe geben ihnen eine ungeahnte Dynamik.
Und wer will, kann in dem Ensemble auch noch eine politische Botschaft lesen. Die lautet: Auf jedem Hocker hat ein Individuum gesessen. Die einzelnen Teile sind harmonisch vereinigt, ohne Gewalt, ohne sture Strukturen. Nur so entfalten sie eine ungeahnte Lebendigkeit.